10.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Katerstimmung fördert
die nüchterner Bilanz

Norbert Lammert bei der Bielefelder Union


Bielefeld (WB/rb). Neben der letzten Gelegenheit zum Klamauk zählt für Norbert Lammert (CDU) am politischen Aschermittwoch die nüchterne Bilanz.
Spätestens nach den tollen Tagen, sagte er gestern als Gast der Bielefelder Union, müsse in den Köpfen endlich Klarheit darüber herrschen, dass Deutschland seinen komfortablen Vorsprung in der Wirtschaft wie im Sozialen längst eingebüßt habe. Der Bundestagsvizepräsident: »Viele haben es noch gar nicht gemerkt.« Auch werde gern übersehen, dass die alte Führungsposition hart erarbeitet war.
Mittelmäßigkeit als Dauerzustand oder mit höherer Leistungsbereitschaft zurück an die Spitze? »Lebensstandard oder 35 Stundenwoche?«, heißt für Lammert die Frage. Beides gehe schon lange nicht mehr.
Nordrhein-Westfalen, dessen Herzkammer der Bochumer als CDU-Chef vorsteht, hält die Schlüsselrolle. »NRW kann nicht zurück an die Spitze in Europa, solange dieses Bundesland fußkrank ist«, sagt Lammert.
Das Ruhrgebiet gelte von Ferne betrachtet immer noch als industrieller Kern, habe aber in Wahrheit inzwischen weniger Industriearbeitsplätze als Rheinland oder Westfalen. Die alte Gleichung, dass neue Dienstleistungsjobs alte Arbeit kompensierten, gehe nicht auf. Eine CDU-geführte Landesregierung wolle und könne das mit einer anderen Wirtschaftspolitik ändern, sagte Lammert. Mit Bürokratieabbau, vor allem aber Bildungsausbau statt Lehrerstellenabbau und besserer Infrastruktur sei dem beizukommen.
Die alte Montanregion müsse auch in der Energiepolitik wieder die richtige Mischung finden. Dass die Kilowattstunde Strom inzwischen höher subventioniert wird als die Tonne Steinkohle, ist für Lammert jedenfalls kein verspäteter Karnevalsscherz mehr.

Artikel vom 10.02.2005