14.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kostelic und
Raich räumen ab

Ära der etwas anderen Skistars

Bormio/Santa Caterina (dpa). Die deutschen Skirennfahrer waren bei den Siegesfeiern der Weltmeisterschaften bis zum Schlusstag nur Zuschauer, die Medaillen räumten bis dahin andere ab.

Österreichs Benjamin Raich holte mit seinem Erfolg im Slalom den zweiten Titel nach Kombinationsgold und wurde mit Dreifachsiegerin Janica Kostelic zum Superstar von Bormio. Der »Blitz aus Pitz« tat damit einen großen Schritt aus dem Schatten seiner Landsleute Stephan Eberharter und Hermann Maier. »Wahnsinn. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier vier Medaillen holen kann«, sagte der 26-Jährige, der zuvor schon Riesenslalom-Silber und Bronze im Super-G gewonnen hatte.
Während Felix Neureuther seinen 19. Platz im Slalom nach einem Fahrfehler als weiteres Lehrgeld betrachtete, bewies Raich sein außergewöhnliches Talent auch in der technischen Disziplin. In 1:41,34 Minuten setzte er sich vor seinem Landsmann Rainer Schönfelder (1:41,58 Minuten) und dem Italiener Giorgio Rocca (1:42,08) durch.
Mehr als vier Einzel-Medaillen bei einer WM hatte bislang nur der Norweger Lasse Kjus 1999 in Vail/USA gewonnen. Selbst in Österreich kann nur der legendäre Toni Sailer (1958) vier Mal Edelmetall bei einer WM aufweisen. Ob Raich jedoch jemals in einen ähnlichen »Heiligen-Status« erhoben wird wie »Herminator« Maier, bleibt abzuwarten. Der Pitztaler eignet sich durch seine stille Art nicht zum Marketing-Objekt.
Bei den Damen war wieder einmal Janica Kostelic die dominierende Athletin. Drei Goldmedaillen bei drei Starts machten die Kroatin zur unumstrittenen Ski-Königin. Den letzten Mosaikstein ihrer makellosen Bilanz setzte die 23-Jährige mit ihrem Slalom-Sieg am Freitagabend. Als erste Athletin seit Rosi Mittermaier (1976) gewann sie zudem Abfahrt und Kombination bei einer WM.
Die Belastungen gingen an der nun fünffachen Weltmeisterin und dreifachen Olympiasiegerin aber nicht spurlos vorbei. Wie Raich (»Ich bin ziemlich müde und leer«) spürte der weibliche Superstar eine große innere Leere. »Ich bin krank und will nur noch ins Bett, weil ich keine Kraft mehr habe.« Der Erfolgshunger der oft erkrankten und verletzten Athletin, die wegen ungewöhnlicher Trainingsmethoden vielen suspekt ist, aber auch viel Respekt erntet, ist noch nicht gestillt: »Es gibt noch Olympia im nächsten Jahr.«
Noch nie war die Konzentration der Kräfte bei Weltmeisterschaften so groß. Seit Einführung des Super-G 1987 gab es erstmals nur fünf Titelträger. Die 30 Einzelmedaillen verteilten sich auf nur 17 Athleten. Österreichs Held Hermann Maier war mit ein Mal Gold im Riesenslalom der »schlechteste« Weltmeister von Bormio.
Hinter Kostelic und Raich übernahmen Bode Miller (USA) und Anja Pärson (Schweden) mit je zwei Titeln die Rolle des Kronprinzenpaars. Für US-Boy Miller galt dabei wie für Janica Kostelic das Motto »Gold oder gar nichts«. Nach seinen Siegen in Abfahrt und Super-G schied der 27-Jährige im Slalom wie in Kombination und Riesenslalom aus. »Ich fahre, um zu gewinnen. Der Spaß wird mir schon nicht vergehen«, sagte Miller. Mit einem Sieg im Slalom hätte er als erster Athlet fünf WM-Titel in fünf verschiedenen Disziplinen aufweisen können.

Artikel vom 14.02.2005