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Frau bezwingt die Weltmeere

Ellen MacArthur (28) segelt in 71 Tagen als erste nonstop um die Erde

London (dpa). Nach mehr als 71 Tagen und 44 000 Kilometern auf hoher See ist die britische Weltrekord-Seglerin Ellen MacArthur (28) gestern in der englischen Küstenstadt Falmouth von vielen tausend Menschen empfangen worden.
Die junge Frau und das Meer: Ellen MacArthur reckt glücklich die Siegerfaust. Fotos: AP
Ein idyllisches Bild am Ende der Strapazen.
Die Queen sandte ihre Glückwünsche: »Viele Menschen in aller Welt sind von Ihrem Mut, Ihrem Durchhaltevermögen und Ihren Fähigkeiten beeindruckt.« MacArthur hatte in der Nacht einen neuen Rekord für die schnellste Solo-Weltumseglung aufgestellt und soll von Königin Elizabeth II. geadelt werden.
Die Seglerin lag auf dem Deck ihres Bootes, als sie begleitet von mehr als 100 Booten und Hubschraubern auf die englische Küste zusteuerte. »Ich bin so froh, wieder zu Hause zu sein«, sagte MacArthur. Die Einhand-Seglerin war mehr als einen Tag und acht Stunden schneller als der bisherige französische Weltrekordhalter Francis Joyen. Sie trotzte Stürmen, navigierte zwischen Eisschollen und Eisbergen hindurch und entging knapp einem Zusammenstoß mit einem Wal. An manchen Tagen musste sie mit nur einer Stunde Schlaf auskommen. Doch als die 28-Jährige in der Nacht zum Dienstag die Ziellinie überquerte, waren die einsamen Stunden, die schlaflosen Nächte und die totale körperliche Erschöpfung vergessen - wenn sich die junge Frau auch auf ihr Bett freute: »Es ist toll, dass ich jetzt mein Gehirn ausschalten kann und mich nicht mehr auf Windgeschwindigkeiten und das Tempo meines Bootes konzentrieren muss«
Der bisherige französische Weltrekordhalter Francis Joyon zeigte sich als fairer Verlierer und gratulierte als einer der ersten. »Es ist eine Heldentat, dass sie imstande war, die Welt nonstop zu umrunden. Dass sie gleichzeitig auch noch den Rekord geknackt hat, verdient meine herzlichsten Glückwünsche«, sagte er. MacArthur ist nach Joyon der zweite Mensch, der diese Tortur bewältigt hat.
Von ihrem Boot hat die 28-Jährige erst einmal genug. Seit dem 27. November war sie ohne Zwischenstopp mit der nach ihrem Sponsor benannten »B&Q« auf hoher See unterwegs. Die Engländerin war allein auf dem 8,3 Tonnen schweren, 23 Meter langen und über 27 Meter hohen Trimaran - unterstützt von jeder Menge Technik wie einem Anti-Kollisionssystem, Radar und Satellitentelefon. Das in Australien konstruierte Boot war wegen seiner drei Rümpfe besonders schnell. Es erreichte Geschwindigkeiten von mehr als 30 Knoten (56 Kilometer in der Stunde).
Zu kämpfen hatte MacArthur vor allem mit ihrer Müdigkeit. In stürmischen Zeiten war an Schlaf kaum zu denken. Obwohl ein Spezialist der amerikanischen Harvard Universität eigens Schlafpläne für die Seglerin entwickelt hatte, stand sie manchmal kurz vor dem Zusammenbruch: »Ich war noch nie in meinem Leben so müde«, schrieb MacArthur nach einem Sturm an ihre Anhänger, die ihre Reise im Internet verfolgten. Der Kieler Meteorologe Meeno Schrader hatte die Rekordseglerin Ellen mit Wetterdaten und Prognosen versorgt. »Das Rennen war viel härter, als wir alle erwartet hatten«, sagte Schrader gestern. Der 43-jährige Kieler ist vom Durchhaltevermögen MacArthurs fasziniert: »Ich bin völlig begeistert von Ellen. Ihr Motto ist: »You can do it!« Und das lebt sie wirklich. Auf der Fahrt hat sie bewiesen: Was du dir vornimmst, das schaffst du auch.«

Artikel vom 09.02.2005