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Brand fordert Unterstützung

Handball-WM: Deutschland belegt Platz 9 - Spanien erstmals Champion

Hammamet (dpa). Das Experiment mit dem Perspektiv-Team für die Heim-WM 2007 ist aus Sicht des Verbandes geglückt, doch zu hoher Erfolgsdruck hat Bundestrainer Heiner Brand verärgert.

Nach dem mit Leidenschaft erkämpften 9. Platz durch ein 39:34 nach Verlängerung gegen Tschechien wies Brand Kritik zurück und mahnte mehr Unterstützung an. »Offenbar ist von einigen Seiten keine Geduld da. Ich brauche aber diese Unterstützung. Die Mannschaft kann nicht immer nur unter Druck arbeiten. Mir macht das Arbeiten mit dieser Mannschaft viel Spaß«, sagte der Gummersbacher in Nabeul, wo sein Team das schlechteste WM-Abschneiden überhaupt verhinderte.
Spanien hat mit einer Lehrstunde in modernem Handball Kroatien als Champion abgelöst. In ihrem ersten Endspiel bei einem großen Wettbewerb überhaupt deklassierten die Iberer den Olympiasieger gestern in Rades mit 40:34 (21:13). Im Beisein von Prinzessin Cristina und ihres Mannes, des Ex-Nationalspielers Inaki Urdangarin, feierten die Spanier den größten Erfolg ihrer Handball-Geschichte. Rang drei sicherte sich Frankreich durch ein 26:25 (10:14) über Gastgeber Tunesien.
Der personelle Aderlass nach Athen sowie den verletzungsbedingten Ausfällen von weiteren fünf Akteuren hatte Brand in die Zwangslage gebracht, in Tunesien mit einem unerfahrenen Team anzutreten. »Bei uns ist das ein krasser Neuaufbau. Ich weiß nicht, welche andere Mannschaft das verkraftet hätte«, meinte Brand. Nur 25 Jahre jung war seine Auswahl, die mit der des Europameisters nur noch vier Spieler gemeinsam hatte und bei der WM fünf Siege, ein Unentschieden und drei Niederlagen erlebte.
Ulrich Strombach, Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB), stellte sich vor Brand. »Im Rahmen der Möglichkeiten hat die Mannschaft ihre Aufgabe hervorragend erfüllt«, erklärte der Jurist und hielt Kritikern entgegen: »Es ist einfach, Erfolge zu begleiten. Aber es ist viel notwendiger, auch in der Aufbauphase zu helfen.«
Wegen der nach seiner Meinung überzogenen Erwartungshaltung war der anfängliche Elan, mit dem Brand seine Auswahl vor gerade einmal fünf Wochen zusammengestellt hatte, zumindest vorübergehend verflogen. »Ich will alles mal in Ruhe verarbeiten. Eigentlich bin ich mit großer Freude an die Arbeit gegangen«, sagte Brand nachdenklich. »Es ist zur Zeit ein unvernünftiger Druck da.«
Stefan Kretzschmar, der nach Olympia zurückgetreten war, steht Brand zur Seite. »Wenn man die Spieler betrachtet, sind es nur die Ergebnisse, die nicht gestimmt haben. Man hatte jedesmal die Möglichkeit zum Sieg. Das hatte ich der jungen Mannschaft noch gar nicht zugetraut«, meinte der 31-jährige Magdeburger.
Beim Aufbruch am Sonntagfrüh zurück nach Hause hatten die deutschen Handballer jedoch nicht nur Sorgen im Gepäck. »Die Mannschaft hat das Machbare erreicht und eine Perspektive«, befand Strombach. Der Bundestrainer gewann dem Auftritt seiner Mannschaft, in der sich vor allem der Essener Oleg Velyky als große Verstärkung erwiesen hat, neben der Kritik an »spieltaktischen Dingen« überwiegend Positives ab. »Ich kann ein Murren über die Leistung meines Teams nicht nachvollziehen. Ich bin mit ihnen zufrieden. Wir haben gegen Mannschaften der Weltspitze gespielt und kein Mal untergegangen«, erklärte Brand.
In der Zukunft setzt der 52-jährige Weltmeister von 1978 auch wieder auf einige Rückkehrer. So plant er mit Torhüter Henning Fritz (Kiel), den Lemgoern Daniel Stephan und Markus Baur, JanOlaf Immel (Wallau-Massenheim) und Pascal Hens (Hamburg), die wegen Verletzungen fehlten.
Tschechien: Bruna 8, Filip 8, Szymanski 5, Juricek 3, Laclvik 3, Piskac 3/3, Radcenko 2, Reznicek 1, Nocar 1
Deutschland: Bitter (Magdeburg), Lichtlein (Großwallstadt/1) - von Behren (Gummersbach/4), Roggisch (Essen/2), Glandorf (Nordhorn/1), Weber (Kronau/Östringen/2), Tiedtke (Wallau-Massenheim/5), Hegemann (Düsseldorf/1), Grafenhorst (Magdeburg), Zeitz (Kiel/4), Jansen (Hamburg/9/1), Velyky (Essen/5), Kehrmann (Lemgo/4), Schöne (Magdeburg/1)

Artikel vom 07.02.2005