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Bitte Platz nehmen! Für zwei Fußball-Lehrer wird es am heutigen Samstag allerdings nicht so besonders gemütlich, wenn sie gegen 15.25 Uhr auf ihre Sitzgelegenheit am Rasenstand zusteuern. Es stehen zwar Hausaufgaben auf dem Spielplan, aber einen echten »Heimvorteil« haben diese beiden Trainer bei den Fans nicht mehr.

Lienen wackelt
Ewald Lienen wird das schon vor dem Anpfiff gegen Mönchengladbach zu spüren und hören bekommen. Bereits am vergangenen Samstag, beim 0:1 in Wolfsburg, forderten entrüstete Anhänger von Hannover 96: »Lienen raus!« An dieser Stimmung gegen den Trainer hat sich nichts geändert. Lienen an der Leine: Das könnte den Bach runter gehen.
Der ehemalige Bielefelder Profi wackelte in dieser Saison schon einmal ganz bedenklich. Die 96er legten einen schlechten Start hin, die Partie in Rostock wurde am 2. Oktober zum »Finale« für Lienen. Hannover siegte 3:1, danach ging es steil aufwärts. Der Außenseiter stand Anfang Dezember nach dem 2:0-Sieg beim Hamburger SV sogar auf Rang vier. Es durfte vom Europacup geträumt werden.
Das Erwachen war ernüchternd. »96« ist mit vier Zählern die schlechteste Rückrundenmannschaft, in der jetzt WM-reifen AWD-Arena gab es zuletzt fünf Niederlagen. Und von internationalen Auftritten redet in Hannover keiner mehr. Stattdessen wird immer lauter über den Trainer gesprochen. Ist ja auch seltsam, aber wahr: Nachdem der Vorstand Lienens Vertrag im Januar vorzeitig bis zum 30. Juni 2007 verlängerte, läuft gar nichts mehr.
Neururer zittert
30. Juni 2007. Bis zu diesem Datum ist auch das Arbeitsverhältnis zwischen dem VfL Bochum und seinem leitenden Angestellten Peter Neururer befristet. Ob der Trainer des Abstiegskandidaten wirklich so lange auf der Bank bleiben darf? Noch versichern sich die Partner gegenseitige Treue. Der Vorstand steht weiter hinter Neururer. Sie wollen sogar mit ihm in die Zweite Liga gehen.
Auch der Trainer möchte den Vertrag erfüllen, hat aber eingeschränkt: Wenn er dem Erfolg im Wege stehen sollte, dann will er die Bank räumen. Sofort. Freiwillig. Von »Erfolg« kann beim VfL in der Saison 2004/2005 nun wirklich nicht mehr reden.
Vom Uefa-Cup-Teilnehmer zum Kellerkind abgeschmiert: Auch der Trainer kann an diesem Sturz nicht ganz schuldlos sein. Das Heimspiel gegen Wolfsburg ist die allerallerletzte Chance, vielleicht doch noch die Wende zu schaffen. Bochum bangt. Neururer zittert.
Sammer sitzt
Ein paar hundert Kilometer weiter unten im Süden, da wird ein Fußball-Lehrer vor dem Anpfiff dagegen gelassen auf seinen Stuhl zugehen. Matthias Sammer sitzt wieder sicher, absolut sicher.
Vor ein paar Wochen war das noch anders. Da genehmigte sich der VfB Stuttgart eine mittelschwere Krise, sofort geriet auch der Trainer in die Kritik.
»Sammer raus« hat zwar im Schwabenland noch niemand gerufen, aber der gute Ruf des ehemaligen Stuttgarter Meisterspielers, der war doch angekratzt. In so einer Situation helfen nur Siege. Und Sammer hat mit dem VfB gewonnen, steht inzwischen wieder auf dem dritten Platz. Er darf es sich deshalb vor dem Heimspiel gegen Freiburg auf seinem Stuhl gemütlich machen. Es winkt der nächste Dreier.
Klaus Lükewille

Artikel vom 19.03.2005