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Raffiniertes Lügengespinst
bis zum Schluss spannend

Unterhaltsamer Theaterabend in Stadthalle Lübbecke

Lübbecke (WB). Mit Kastagnetten und Flötentönen stimmten die Musikanten von »Repe« eine halbe Stunde vor Beginn der Aufführung der Komödie von Ray Cooneyƕs »Lügen haben junge Beine« (Caught in the Net) das Publikum im Foyer der Stadthalle Lübbecke ein. Die Höckmann Boulevard-Gastspiele brachten die Farce (ins Deutsche übertragen von Horst Willems) in der Inszenierung von Alfons Höckmann im Abonnement B des Lübbecker Kulturrings, auf die Lübbecker Bühne.

Ein Geheimtipp sind die Komödien des wallisischen Autors und Schauspielers Ray Cooney längst nicht mehr, doch immer wieder ein Heidenspaß fürs Publikum. Mit zwingender Logik spielen sich die Dinge in atemberaubendem Tempo ab und jagen die Darsteller von einer schrägen Situation in die nächste. Nur eines in diesem Stück scheint sicher zu sein, dass John Smith, gespielt von Jens Hajek, Taxifahrer in London ist. Auch wenn der eine John Smith in Wimbledon und der andere in Stratham wohnt, müssen sie sich nicht zwangsläufig treffen.
Doch das »World-Wide-Web« greift dem Schicksal in die Speichen. Die Kinder dieser beiden Taxifahrer Vickey und Gavin treffen sich beim »Chatten« im Internet. Die jungen Darsteller Katrin Fischer und Micha Lauterjung spielten herrlich erfrischend. »Mann, das ist der Knaller,« stellt Vickey fest, dass beide Väter John Smith, und mit zweitem Vornamen »Lennart« heißen und auch noch das gleiche Alter haben. Was liegt näher, als dass sich die beiden kennen lernen wollen?
Spätestens jetzt aber hat jeder Besucher im Saal gemerkt, dass dieser John Smith, der einmal Tag- und einmal Nachtschicht fährt, zwei Ehen parallel führt. Deshalb befindet sich der Zuschauer auch in dieser turbulenten Farce in zwei Haushalten zugleich im selben Bühnenbild. »Ihr trefft euch weder off- noch online«, verbietet John seiner Tochter die Begegnung mit Gavin. Gut nachzuvollziehen, dass die beiden Ehefrauen Mary, die Biedere (Ruth Willems) und Barbara, der Vamp (Claudia Neidig), das vehement vorgetragene Verbot eines doch so harmlosen Treffens ihrer Kinder überhaupt nicht verstehen.
Da John nicht an beiden Orten zugleich sein kann, spannt er seinen besten Freund und Untermieter Stanley mit ein. Dirk Waanders kann in dieser Rolle sein ganzes komödiantische Talent ausspielen und nutzt diese Gelegenheit, um zu glänzen. Herrlich, wenn er am Handy eine Funkstörung imitiert. Immer absurder wird die Situation, wenn John versucht, eine Lüge mit der anderen zu decken und sein Freund Stanley sich um Kopf und Kragen redet. Gnadenlos lässt der Autor seine doppelbödig agierenden Figuren in die Falle ihrer eigenhändig gebastelten Lebensumstände rennen. Jede Ausrede bringt sie in immer weiter reichende Schwierigkeiten.
Da passt Winfried Lünemann, als Dad, der glaubt, mit seinem Sohn Stanley in Cornwall zu sein und sich ins Spiel mischt, gerade noch ins absolute Chaos, bevor dieses seinen Höhepunkt erreicht. »Schlusspfiff, das Spiel ist aus«, entscheidet John und muss feststellen, dass seine Frauen längst von dem Spiel wissen und es sehr bequem fanden, ihn 15 Jahre lang zu teilen. Man ahnt auch schon im Publikum, dass es für die Kinder ein glückliches Ende gibt. Ein raffiniert entwickeltes Lügengespinst, das erst ganz zum Schluss entwirrt wurde, und das mit flotten Sprüchen und seinem rasanten Tempo dem Publikum gefiel. Margot Osterodt

Artikel vom 25.01.2005