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Roller als rasende Geschosse

Tuning kein Kavaliersdelikt - Polizei kennt alle Tricks und Kniffe

Von Curd Paetzke (Text)
und Oliver Schwabe (Foto)
Herford (HK). Für Jugendliche ist ein Roller oft der erste Schritt ins mobile und motorisierte Leben. Doch die 25 km/h, die man mit dem »Miniführerschein« fahren darf, sind vielen zu langsam. Tuning macht aus harmlosen Zweirädern echte Geschosse. Geschwindigkeiten von 80 oder gar über 100 Stundenkilometern sind keine Seltenheit. Doch die Polizei kennt alle Tricks und Kniffe.

»Frisieren« ist nun einmal illegal. »Wer schneller unterwegs ist, als es der Gesetzgeber erlaubt, der bringt nicht nur sich, sondern auch andere in Gefahr«, sagt Wolfgang Seifried, Pressesprecher der Polizei in Herford. Fakt ist: Fahrer ab 15 Jahren dürfen mit einem (mechanisch oder elektronisch gedrosselten) Roller nicht schneller als 25 Stundenkilometer unterwegs sein, Fahrer ab 16 (mit dann entdrosselten Fahrzeugen) dürfen nicht schneller als 45 km/h fahren. Bei der Kreispolizeibehörde ist Joachim Snethlage der Roller-Experte. Der Polizeikommissar, der Fahrzeugtechnik studiert hat und daher vom Fach ist, hatte im vergangenen Jahr in Löhne gemeinsam mit drei weiteren Polizeibeamten ein Projekt unter der Überschrift »Verfolgung und Ahndung von technischen Veränderungen an motorisierten Zweirädern« durchgeführt. Haarsträubend: Bei einem Drittel der 300 kontrollierten Roller war an Zylindern, Vergasern oder Auspuffanlagen »herum gebastelt« worden. Um die Verstöße überhaupt entdecken zu können, hatten sich die Polizeibeamten intensiv vorbereitet: Sie suchten Fachhändler auf, nahmen an Schulungen teil und zerlegten einen Roller in seine Bestandteile, um die Arbeitsweise des Antriebs und Motors verstehen zu können. Was der Polizei die Arbeit erschwert: Das Tuning oder Entdrosseln ist nicht nur recht einfach, sondern auch noch relativ preiswert. Joachim Snethlage: »Entsprechende Teile gibt es im Internet - werden sie eingebaut, dann sind hohe Geschwindigkeiten möglich.« In einem Fall wurde ein 17-Jähriger erwischt, dessen Roller 130 Stundenkilometer schnell war. Der Roller wurde von den Polizeibeamten gleich vor Ort demontiert. Ein anderer Teenager - unterwegs mit 80 km/h - lieferte sich mit der Polizei eine regelrechte Verfolgungsjagd, rammte schließlich den Streifenwagen (3000 Euro Schaden). Das gab eine Anzeige wegen Verkehrsgefährdung.
Überhaupt sollten Jugendliche, die an ihren Fahrzeugen Veränderungen vornehmen, die Folgen bedenken: Sie erhalten eine Mängelkarte, müssen den Roller in den ursprünglichen Zustand versetzen und beim TÜV vorstellig werden. Außerdem ist das Rasen mit getunten Rollern eine Straftat, weil der Führerschein fehlt. Joachim Snethlage: »Wer dreimal von uns erwischt wird, muss damit rechnen, dass der Roller in der Schrottpresse landet.«

Artikel vom 25.01.2005