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Zukunftsweisende Visionen und Konzepte

Interview mit den Geschäftsführern des MARTa-Museums und des Elsbach-Hauses in Herford


Von Ralf Meistes
und Peter Schelberg
Herford (WB). Auf der einen Seite ein visionäres Architekturobjekt namens MARTa aus der Feder von Frank Gehry, einem der renommiertesten Architekten weltweit. Auf der anderen Seite ein Fabrikgebäude im Stil der Industriearchitektur aus dem frühen 20. Jahrhundert - das Elsbach-Haus. Im neugeschaffenen Quartier Goebenstraße in Herford prallen Moderne und Historie aufeinander.
Am 7. Mai wird das Museum MARTa eröffnet. MARTa steht für ein Museum, das Möbel, Kunst und Ambiente beherbergt. Im Elsbach-Haus entstanden Einzelhandelsgeschäfte, Büros und ein Restaurant. Eine ideale Atmosphäre, damit zukunftsweisende Konzepte und Visionen entstehen können. Dieser Auffassung sind der Geschäftsführer der MARTa-Betreibergesellschaft Berndt Kriete (58) und der Geschäftsführer der Elsbach-Gesellschaft, Hans-Jörg Gast (40).

Nach bisherigen Planungen wird das MARTa-Museum 28,8 Millionen Euro kosten. Für das Elsbach-Haus stehen, wenn alles fertig ist, Investitionen in Höhe von etwa 20 Millionen Euro im Raum. Welche positiven Erwartungen rechtfertigen Investitionen in dieser Größenordnung?Berndt Kriete: Zunächst einmal ist ein wesentlicher Teil der Bausumme, die zur Hälfte von Stadt und Kreis aufgebracht wurde, in die Bauwirtschaft der Stadt und der Region zurückgeflossen. Das bedeutet für die beteiligten Firmen der Bauindustrie volle Auftragsbücher und sichere Arbeitsplätze. Darüber hinaus sind Museen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor - und das nicht nur in Großstädten wie Berlin oder München. Die »Documenta« in Kassel ist ein gutes Beispiel dafür, dass Kultur nicht zum Selbstzweck besteht. Das Land Hessen hat deshalb entschieden, weitere 200 Millionen Euro in die Museumslandschaft Kassels zu investieren. Es gibt weitere gute Beispiele. Die MARTa-Investition wird für Handel und Dienstleistung in Herford und der Region positive Zeichen setzen. Auch wird der jährliche Zuschuss der Stadt an MARTa in Höhe von 1,5 Millionen Euro an die heimische Wirtschaft in Form von Aufträgen beispielsweise für Gebäudeunterhaltung, Druckerzeugnisse und sonstige Dienstleistungen weitgehend zurückfließen.
Hans-Jörg Gast: Die Entwicklung an der Goebenstraße ist alternativlos. Dieses Quartier mit seinen leerstehenden Gebäuden drohte eine Brache zu werden. Wir haben mit den Investitionen ein Zeichen für die Stadt gesetzt. Schon vor der Eröffnung zieht es viele Menschen von außerhalb in die Goebenstraße. Herford hat auf sich aufmerksam gemacht.

Was muss geschehen, damit MARTa zum Publikumsmagneten wird und nach der ersten Neugier auf den Gehry-Bau nicht die Leere folgt?Berndt Kriete: Mit Architekt Frank Gehry und Museumsdirektor Jan Hoet haben wir zwei international bekannte Persönlichkeiten bei MARTa eingebunden, von denen eine Magnetwirkung ausgeht. Ich bin davon überzeugt, dass es Jan Hoet gelingen wird, mit immer neuen, interessanten Projekten viele Ausstellungsbesucher für MARTa zu gewinnen. Das Interesse der Medien an MARTa ist sehr groß, denn Hoet ist in der internationalen Kunstwelt ein gefragter Mann, sei es als Redner, Berater oder Trendsetter.

Inwieweit werden andere Herforder Attraktionen in die Vermarktung von MARTa mit eingebunden?Hans-Jörg Gast: Es wird Kombi-Angebote geben. Wir haben mit dem »H2O« eines der erfolgreichsten Freizeitbäder in der Region. Warum also nicht ein Kultur- und Wellness-Wochenende anbieten? Die Nordwestdeutsche Philharmonie in Herford und die Hochschule für Kirchenmusik stehen für musikalische Spitzenqualität. Es wird sicher auch Konzerte im MARTa-Gebäude geben. Wir verfügen über ein erfolgreiches Stadttheater, einen sehr schönen Wall und eine historische Innenstadt - all dies muss in ein gemeinsames Vermarktungskonzept mit eingebunden werden.
Berndt Kriete: Ich halte es für wichtig, dass MARTa ein Museum der Region wird. Deshalb stelle ich mir eine enge Zusammenarbeit mit dem Herforder Kunstverein sowie der Kunsthalle in Bielefeld vor. Jedes Museum hat zwar sein eigenes Profil, dennoch macht es aus wirtschaftlichen Gründen Sinn, zusammenzuarbeiten.
Es ist auch wichtig, dass MARTa ein breites Fundament in der Wirtschaft bekommt. Ein gutes Zeichen ist, dass es weitere Firmen gibt, die Gesellschafter der MKK werden wollen und sich so ein positiver Effekt für beide Seiten ergibt. Die Unternehmen nutzen die Attraktionen MARTas für ihr Marketing und ihre Kundenbeziehungen und fördern gleichzeitig MARTa durch die Verbindung von Kultur und Design.

Gibt es vor diesem Hintergrund noch Gespräche mit anderen Museen oder Veranstaltungshäusern? Berndt Kriete: Mit dem Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld und dem bekannten Lenbach-Museum in München gibt es noch in diesem Jahr Kooperationsprojekte. Die Ensor-Ausstellung, die in Herford gezeigt wurde, geht anschließend zu einem erheblichen Teil ins städtische Museum »Schirn« nach Frankfurt. Derartige Kooperationen sind auch deshalb möglich, weil Jan Hoet in der Szene bekannt ist und einen sehr guten Namen hat. Davon profitiert MARTa.

Hat sich die Stadt mit allein drei neuen Restaurants im Quartier Goebenstraße nicht ein bisschen viel Konkurrenz ins eigene Haus geholt?Hans-Jörg Gast: Ganz im Gegenteil. Ich bin überzeugt, dass das Quartier die Stadt aufwertet und auch die Einzelhändler in der Innenstadt profitieren. Die Stadt wird durch die Auswahl gewinnen. Ich möchte erreichen, dass Menschen von außerhalb nach Herford kommen, um einzukaufen und das hervorragende kulturelle Angebot wahrzunehmen.

Abschließend vollenden sie bitte diesen Satz, Herr Kriete: MARTa wird ein Erfolg, weil...Berndt Kriete: ...es mit Jan Hoet und Frank Gehry auf zwei Visionäre zurückgreift, die nachhaltig Impulse geben, wie sich die Welt entwickeln kann. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in einer Region.

Artikel vom 29.01.2005