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Wie ist das
Leben danach?

Dokumentation über »Ehrenmord«

ZDF, 22.15 Uhr: Wahrlich kein leichter Stoff: Wie lebt eine Frau weiter, deren Mann die eigene Tochter ermordet hat? Von einem »Ehrenmord« in einer nur scheinbar gut integrierten Zuwandererfamilie mitten in Deutschland handelt die Dokumentation »Mein Mann, der Mörder meiner Tochter«.
Der Film von Ulrike Baur, der in der renommierten und erfolgreichen Reihe »37ยก« gezeigt wird, erzählt die Geschichte von Hanife Gashi, einer Kosovarin, die seit 15 Jahren in Deutschland lebt. Während sie und ihre vier Töchter sich sehr gut eingelebt haben - sie lernt Deutsch und absolviert eine Ausbildung zur Altenpflegerin - , hält der Ehemann, mit dem sie zwangsverheiratet wurde, an dem alten Wertesystem fest.
Die 16-jährige Ulerika ist ein ganz normales Mädchen, zieht sich hübsch an, färbt sich die Haare, hat einen Freund. Als der Vater, der schon jahrelang Gewalt gegen die Mutter und die vier Töchter ausübt, von dieser Beziehung erfährt, nimmt die Tragödie ihren Lauf. Latif erwürgt seine älteste Tochter und wirft den Leichnam in einen Baggersee bei Tübingen. Im Dezember 2003 wird er wegen vorsätzlichen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Ein halbes Jahr begleiteten Ulrike Baur und ihr Team Hanife Gashi und ihre Kinder bei dem »Leben danach«. Latif hat gedroht, sich an seiner Frau zu rächen, die vor Gericht gegen ihn ausgesagt hat. Doch trotz der Angst vor Rache, trotz der Warnungen der Polizei, sind sie im selben Ort geblieben. Ulerikas Schwestern gehen noch in dieselben Schulen wie früher.
Und Hanife Gashi tritt von nun an öffentlich auf - bei Veranstaltungen, Demonstrationen, Talkshows. Sie schreibt ein Buch und trifft sich heimlich mit versteckt lebenden jungen Mädchen, die vor dem ständigen Terror ihrer Familien geflüchtet sind. Die Organisation »Terre des Femmes« hat ihre Geschichte zum Beispiel für ihre aktuelle Kampagne »Nein zu Verbrechen im Namen der Ehre« gemacht.
Der Film von Ulrike Baur, die gerade für eine andere ZDF-Dokumentation mit dem »Menschenrechtsfilmpreis 2004« ausgezeichnet wurde, regt zum Nachdenken an: Die Forderung nach Integration ist heute in aller Munde. Doch wer kümmert sich darum, was in den Familien passiert? Welchen Preis bezahlen Zuwandererfamilien für die Integration?
Um getötete Kinder, wenn auch im anderen Zusammenhang, geht es heute auch bei Johannes B. Kerner, der sich aus der »Winterpause« zurückmeldet. Zu Gast sind unter anderem zwei Mütter, deren Töchter ermordet wurden.

Artikel vom 18.01.2005