18.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Junge Kunst auf der Überholspur

Stefanie Heraeus legt Jahresprogramm des Kunstvereins vor

Bielefeld (uj). Nach einem Jahr, das von Auf- und Umbruch gekennzeichnet war, nimmt das neue Gesicht des Kunstvereins langsam Gestalt an. Mit dem erklären Ziel, der jungen, an der Schwelle zur Profilierung stehenden Kunst Aufmerksamkeit und Anschub zu gewähren, ist Dr. Stefanie Heraeus im Sommer vergangenen Jahres als Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin angetreten. Ganz in diesem Geiste legt die Kunsthistorikerin nun ihr erstes Jahresprogramm vor.

Mit fünf über das Jahr verteilten Ausstellungen sind die künstlerischen Medien Malerei, Installation, Architektur, Film und Fotografie sowie die Dokumentar-Archäologie im Waldhof vertreten. Mit Ausnahme der zur Jahresmitte präsentierten Baukunst-Ausstellung, mit der Andreas Wannenmacher, selbst Architekt und erster Vorsitzender des Kunstvereins, die vor vier Jahren begonnene Präsentation maßgebender, innovativer und zeitgenössischer Architekturprojekte fortsetzt, hat sich Stefanie Heraeus bei ihrer Auswahl auf Künstler und Künstlerinnen der 60er- und 70er-Jahre-Generation konzentriert.
Darunter sind drei junge Maler, die der »Neuen Leipziger Schule« angehören und mittlerweile hoch gehandelt werden. Als Stefanie Heraeus vor eineinhalb Jahren ihr Programm plante, fügten sich David Schnell, Matthias Weischer und Tilo Baumgärtel noch genau ins Ausstellungskonzept. Mittlerweile werden deren Werke auch von höchster Stelle angefragt (Biennale) und erzielen Preise in fünfstelligen Regionen. Dennoch ist Stefanie Heraeus glücklich, drei Künstler präsentieren zu können, die in kürzester Zeit so etwas wie Promi-Status erreicht haben und die Malerei als Erfahrungsraum für sinnliche Ereignisse begreifen (9. April bis 5. Juni).
Los geht's indes mit Nikolaus List und Johannes Spehr. Der eine spielt in seiner an den Surrealismus erinnernden Malerei mit den Inszenierungsmitteln des Klischees, der andere gestaltet in Zeichnungen und Installationen häusliche Wohnstätten (29. Januar bis 27. März).
Die vierte Baukunst-Ausstellung widmet sich vom 11. Juni bis 7. August der Arbeit den spanischen Architekten Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta. Deren Architektur ist von wohltuender Einfachheit; Raum, Licht und Landschaft sind ihre zentralen Inhalte.
Mit kulturellen Aneignungsprozessen und traditionellen Wahrnehmungsmustern von Gesellschaft befasst sich die koreanische Künstlerin Suna Choi in Kurzfilmen und Fotografien, die vom 27. August bis zum 23. Oktober im Waldhof präsentiert werden.
Den Abschluss bildet Jörg Herold, dessen Film »Körper im Körper« 1997 bei der documenta X für Furore sorgte. Herolds Filme, Installationen und Zeichnungen kreisen um das Thema Erinnerung. Es sind künstlerische Produktionen von Historie, die sich zunächst mit Relikten der deutschen Vergangenheit befassten. In jüngster Zeit hat sich Herold den Biografien einzelner Persönlichkeiten zugewandt (5. November bis 23. Dezember).
Daneben möchte Stefanie Heraeus neue, junge Publikumsschichten erschließen, zum Beispiel durch die Zusammenarbeit mit der Universität, sowie neue Förderer gewinnen. »Wir wollen eine Tischgesellschaft einrichten«, sagt die Kunsthistorikerin. Einmal im Jahr soll für Privatpersonen ein exklusives Abendessen gegeben werden, dessen Erlös dem Kunstverein zugute kommt.

Artikel vom 18.01.2005