18.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Original-Borschtsch, hier gekocht

Die Theater-Band rollt für »Platonow« den musikalischen Teppich aus


Von Burgit Hörttrich und
Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Auch Musiker können poetisch sein. So beschreibt Georg Kocherscheidt, im »wahren« Leben Inspizient, in der Bielefelder Inszenierung von Tschechows »Platonow« Bandmitglied, die Art der Musik, die er und seine Kollegen auf die Bühne bringen als »Original-Borschtsch, aber hier zu Lande gekocht«. »Platonow« (Premiere im TAM am 23. Januar) zeigt Russland im Umbruch, eine Gesellschaft, die ihren Untergang feiert. Und die Nachwehen erlebt.
Und dazu spielt die Musik. Kein Balalaika-Orchester und trotzdem authentisch. Die Band mit Ines Buchmann, Mathias Reiter (beide agieren auch als Schauspieler im Stück), Patrick Cybinski (musikalische Leitung), Boris Nicolai, Paul Keller und Georg Kocherscheidt geben »Platonow« Farbe und Ausdruck. Mathias Reiter (Trompete): »Nach ein paar Takten schon kann jeder Zuschauer sagen, wo das Stück spielt, welche Atmosphäre es erzeugen soll - wir rollen sozusagen einen musikalischen Teppich aus.«
Die Band hat sich vor zwei Jahren zusammengefunden, um als erstes gemeinsames Projekt einen Westernabend für die Reihe »Freitagnacht« zu erarbeiten. »Zuerst«, so erinnert sich Patrick Cybinski, »zuerst habe man mit Trompete und Cello nach diesem besonderen Westernstil gesucht, dann kamen die Gitarren dazu, und dann war es ganz leicht.« Projekt Nr. 2: ein Dracula-Abend. Dabei hat auch Michael Heicks, der »Platonow« inszeniert, Blut geleckt. Er bringt die Musiker/Schauspieler auf die Bühne, die für das Tschechow-Stück aus dem »musikalischen Fundus« schöpfen konnten, so Boris Nicolai. Dabei habe man vermeiden wollen, dass die Musik »zu glatt« daher kommt. Michael Heicks habe ihnen freie Hand gelassen, aber, so Patrick Cybinski, der bereits in sechs Produktionen mit dem Intendanten des Theater Bielefeld zusammen gearbeitet hat: »Wir haben schnell eine gemeinsame Sprache gefunden.«
Geprobt werde »da, wo gerade Platz für uns ist. Wir müssen mobil sein«, so Mathias Reiter. Für die sechs ist klar: »Platonow« ist nicht das letzte gemeinsame Abenteuer, denn »das nächste Projekt kommt ganz bestimmt.«

Artikel vom 18.01.2005