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Chinesen überzeugen mit Superlativen

»Circus Hebei« mit atemberaubender Artistik im Ringlokschuppen zu Gast


Von Melanie Beyster (Text)
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Sie haben nicht nur ihre Muskelkraft, sondern auch die Naturgesetze vollkommen unter Kontrolle. Der große chinesische Circus Hebei kehrte während einer ausgedehnten Deutschlandtournee am Samstag Abend im Ringlokschuppen ein. Die 32 Artisten zwischen neun und knapp über zwanzig Jahren versetzten das Publikum mit schier unglaublicher Artistik derart in Erstaunen, dass der Applaus einen Moment auf sich warten ließ, bis die Zuschauer die Fassung wiedergefunden hatten.
Da die chinesische Natur zu Superlativen neigt, überrascht es nicht, dass der Circus Hebei zu den am meisten ausgezeichneten der Welt gehört. Die 15 Mädchen und 17 Jungen wissen mit Hüten und Tellern, mit Schirmen, Fächern, Springseilen, Karten, Tüchern und freistehenden Leitern umzugehen als wären sie damit geboren worden. Sie reizen die von Kindesbeinen antrainierte Gelenkigkeit und Körperkontrolle soweit aus, dass eine Steigerung nicht mehr möglich erscheint. Doch es täuscht. Zu rhythmischer Musik wird nicht nur zwischen rotierendem, überdimensionalem Springseil eine Menschenpyramide gebaut, sondern weitere Artisten springen mit eigenen Seilen dazwischen und niemand kommt durcheinander. Kurz darauf betreten 17 Personen mit je drei Hüten die zur Manege umfunktionierte Bühne des Ringlokschuppens um nach einfallsreicher Choreografie die Hüte kreuz und quer über die Bühne fliegen zu lassen, ohne dass ihnen auch nur einer entgleitet.
Auch die Jüngsten beherrschen diese Kunst und stehen den Älteren in Witz und Ausdruckskraft in nichts nach. Hinter dem Namen »Sprung der Frösche« verbergen sich zwei zehnjährige Artisten, die unterschiedlichste Möglichkeiten nutzen, sich durch enge Metallfässer zu schieben, oder sich damit fortzubewegen. Als sie auf den Fässern einen Handstand machen, lachen nicht nur sie den Zuschauern entgegen, sondern auch ihre Bauchmuskeln.
Der Abend ist eine Aneinanderreihung von akrobatischen Höchstleistungen. Bunt gekleidete Damen jonglieren je vier Teller an jeder Hand auf Stäben, währenddessen eine Pyramide entsteht. Ein Mann baut auf einem kleinen quadratischen Tisch einen Stuhlturm und balanciert soweit oben über der Bühne mit einer Hand auf dem Turm, dass man die Decke des Ringlokschuppens für zu niedrig hält.
Zwei chinesische Köche lassen Teller auf einem Tisch und auf Stäben rotieren. Ein anderes Mädchen tanzt in der Luft an einer Seidenschleife mit buchstäblich atemberaubendem akrobatischem Feingefühl und höchster Sicherheit am Tuch.
Die Show endet mit einem spannenden Finale. Die Artisten stehen in weiß gekleidet auf der Bühne und tanzen eine Kür mit aller Schnelligkeit, Kraft, Kontrolle und Präzision, die man sich nur denken kann.

Artikel vom 27.12.2004