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Ein Kino-Schurke
für alle Fälle

Richard Widmark wird 90 Jahre alt

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Schurken faszinieren auf der Leinwand am meisten. Die Zuschauer bewundern sie und fürchten sie zugleich. In der Galerie der Filmbösewichte nimmt Richard Widmark einen Ehrenplatz ein. Der amerikanische Schauspieler wird am Sonntag 90 Jahre alt.
In das »Geheimnis der fünf Gräber« (1956) spielte Richard Widmark mit Donna Reed. Foto: WDR

Gleich mit seinem ersten Film »Der Todeskuss« (1947) schaffte der im Bundesstaat Minnesota geborene Sohn eines Handelsvertreters den Durchbruch. Als krankhafter Verbrecher Tommy Udo mit dem wahnsinnigen Lachen überzeugte er derart, dass er gleich für den Oscar nominiert und später mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde. Fortan legten ihn Hollywoods Regisseure in die Schublade Verbrecher ab. In 40 Filmen in der goldenen Ära des amerikanischen Kinos lieh er allen Spielarten des Bösen und Verruchten sein Gesicht - als skrupelloser Gangsterboss und zynischer Soldat genauso wie als schießwütiger Cowboy. Der drahtige Mann mit den markanten Zügen machte sich vor allem in den legendären Western »Cheyenne« (1963), »Alamo« (1960), »Zwei ritten zusammen« (1961) oder »Der letzte Wagen« (1956) einen Namen. In diesen Filmen genoss der Schauspieler die Arbeit mit den Tieren, die er am meisten liebt - den Pferden. Widmark lebt mit seiner Frau Jean auf einer Ranch in Kalifornien.
Regisseure und Produzenten rissen sich um den Kino-Antihelden. Sam Fuller rühmte Widmark als »einen der stärksten Charaktertypen im amerikanischen Filmgeschäft«. Widmark setzte nicht nur als Darsteller Akzente. In den 60er Jahren protestierte er gegen den Vietnam-Krieg und verurteilte die Hetzjagd auf vermeintliche Kommunisten. 1950 lernte das Kino-Publikum einen anderen Widmark kennen. In »Unter Geheimbefehl« spielt er keinen Finsterling, sondern einen pflichtbewussten Polizeiarzt. Regisseur Elia Kazan hielt nichts von Schubladendenken. Fortan steht Widmark auf der Seite des Rechts, kämpft 1967 als Polizeidetektiv Madigan (»Nur noch 72 Stunden«) gegen Korruption unter den Gesetzeshütern von New York. Daraus wird eine der erfolgreichsten Fernsehserien.

Artikel vom 24.12.2004