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Gott macht
sich arm

Weihnachts-Grußwort


In seinem Weihnachtswort befasst sich der Superindendent des Kirchenkreises Gütersloh, Dr. Detlef Reichert, mit dem Thema »Engel«.Er schreibt:
»Irgendwie mag ich sie, die Weihnachtsengel, auch wenn sie oft ganz nahe am Kitsch sind. Irgendwie kam wohl auch Lukas in seinem Weihnachtsevangelium nicht ohne sie aus, bei Maria, bei den Hirten auf dem Feld. Wir hatten in der alten Weihnachtskrippe zu Hause kurz nach dem Krieg einen Engel aus Ton, das Gewand rosa, Saum und Haare golden, eben schön kitschig. Und trotzdem wurde er jedes Jahr wieder aufgestellt. Warum eigentlich? Und wozu hat Lukas den Engel gebraucht?
Dazu: Damit einer da ist, der sagt, was los ist. Einer, der das sagt, was wir uns selbst nicht sagen können. Wozu uns die Worte immer wieder fehlen: Dass in diesem Menschen Jesus für alle Menschen Heil in die Welt gekommen ist. Wir können es nicht sagen. Die ärmlichen, notvollen Umstände von Jesu Geburt bringen uns nicht dazu - Bilder von hungrigen Kindern wie dem aus Darfour, stehen dagegen.
Seine Verurteilung zum Tod und Exekution am Kreuz ebenso wenig - die jedes Jahr durch Gewalt umkommenen stehen dagegen. Also muss es einen geben, der sagt, was los ist, es muss gesagt werden. Dazu braucht Lukas den Engel, und uns nützt er auch. Der spricht aus, was geschieht vor, neben und hinter den Kulissen, die wir sehen, an denen wir mitbasteln.
Unscheinbar, unter der alltäglichen Banalität und im scheinbar endlosen Elend der Welt versteckt, geschieht eine besondere Geschichte. Der „ewig-reiche“ Gott verbirgt sich in einem sterblich-armen Menschenleben. Gott machte sich arm, um uns Menschen reich zu machen. Das muss öffentlich werden, gesagt, damit wir es hören. Deswegen der Engel, deswegen die Weihnachtsgeschichte.
“Fröhliche Weihnachten“ sagen wir und lesen es auf vielen Plakaten. “Siehe, ich verkündige Euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird“, sagt der Engel bei Lukas. Übrigens, unser alter Engel zu Hause, der rosa-goldene aus Ton, ist irgendwann abhanden gekommen. Oder vielleicht doch nicht, wo ich mich an ihn erinnere? Ihnen allen gesegnete Weihnachten!« Dr. Detlef Reichert

Artikel vom 24.12.2004