21.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mehr Sicherheit
für Segelflieger

Zulassung für neues Rettungssystem

Von Wolfgang Schäffer
Braunschweig/Grabenstetten (WB). »Das Segelfliegen wird sicherer.« Hansjörg Streifeneder aus Grabenstetten bei Reutlingen in Baden-Württemberg ist davon überzeugt, mit seinem neuen System in Zukunft Menschenleben retten zu können.

»1981 hatte ich einen Zusammenstoß in der Luft. Nur mit viel Glück habe ich den Unfall überlebt. Doch von diesem Moment an habe ich viel Energie für das Ziel eingesetzt, für einen solchen Moment besser gewappnet zu sein.« Im Gespräch mit dieser Zeitung erzählt der 60-Jährige von seinem Forschen und Konstruieren, um den Piloten trotz eines steuerunfähigen Segelflugzeugs noch möglichst unbeschadet zu Boden zu bringen. »Für Segelflugpiloten war es oft nur schwer möglich, nach einem Crash während des Fluges noch rechtzeitig aus dem Cockpit auszusteigen und mit einem herkömmlichen Personen-Fallschirm sicher zum Boden zu kommen.« Jetzt steht die Lösung zur Verfügung. »Ein Gasgenerator - vergleichbar mit einem Airbag im Auto - schießt ein ganzes Fallschirmpaket in Sekundenschnelle heraus. Es entfaltet sich dann in der Luftströmung. Das Flugzeug schwebt am Fallschirm sicher zu Boden. Der Pilot bleibt im Cockpit des Segelflugzeuges.« Entscheidend sei gewesen, drei unterschiedliche und nacheinander öffnende Fallschirme sowie ein adaptives Gurtsystem zu installieren, sagt Streifeneder. Damit seien die Entfaltungsstöße begrenzt und die Dynamik entscheidend beeinflusst worden.
Zufriedenheit klingt mit in der Stimme des 60-Jährigen, wenn er die Technik seines Rettungssystems erklärt. Wie gut das ist, hat auch die Bundesbehörde in Braunschweig jetzt festgestellt und bestätigt: »Aufgrund der vom Luftfahrt-Bundesamt durchgeführten Prüfung des Gesamtrettungs-Systems Streifeneder-MVEN GPS RADA 500 haben wir keine Bedenken gegen den Einsatz dieses Systems in Segelflugzeugen bis zu einer zulässigen Höchstmasse von 525 Kilogramm und einer höchstzulässigen Geschwindigkeit von 300 Kilometer pro Stunde. Der Einbau in eine Segelflugzeug ist als ÝGroße ÄnderungÜ zulassungspflichtig.«
Mit diesem Schreiben des Braunschweiger Amtes sieht sich Streifeneder, Chef der Glasfaser-Flugzeug-Service GmbH, für die vielen Mühen in den vergangenen Jahren belohnt. »In der Vergangenheit hat es immer wieder schwere Unfälle in aller Welt gegeben, weil Segelflugpiloten nach Zusammenstößen in der Luft oder nach unvorhergesehenen schweren Turbulenzen nicht mehr rechtzeitig mit dem Fallschirm retten konnten. Das habe ich schließlich selbst am eigenen Leib erlebt.« Der 60-Jährige Streifender erklärt, dass er 1994 mehr oder weniger zufällig mit Verantwortlichen des russischen Unternehmens MVEN zusammentraf Gemeinsam mit den Spezialisten für Fallschirmtechnik gelang dann der Durchbruch. Aber auch mehrere seit den 90er Jahren initiierte Forschungsaufträge an die Fachhochschule in Aachen und den TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg ermöglichten letztlich die Entwicklung des Rettungssystems. Dafür hatte das Luftfahrt-Bundesamt 1994 erstmals die Zulassungsrichtlinien herausgegeben. »Dass wir bis heute gebraucht haben, um die Richtlinien zu erfüllen zeigt, wie komplex die Umsetzung war.«
Nach Streifeneders Worten hänge der breite Einsatz jetzt nur noch von den Segelflugzeugkäufern und -Herstellern ab. Letztere müssten das System zu akzeptablen Preisen anbieten, um den Käufern die Entscheidung leicht zu machen.

Artikel vom 21.12.2004