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Bundeswehr-Einsatz gegen Hunger

Frieden im Sudan wird erzwungen - Bundespräsident Köhler ermahnt

Von Reinhard Brockmann
Berlin (WB). Vor 20 Jahren eine Sensation, heute fast normal: Die Bundesluftwaffe hilft erneut im Kampf gegen Hunger und für Frieden im Sudan.
Gesichter Afrikas: Fotograf Wolfgang Kumm hat Bundespräsident Horst Köhler auf seiner zehntägigen Reise über 19 000 Kilometer durch Sierra Leone, Benin, Äthiopien und Dschibutti begleitet. Seine Porträt-Sammlung zeigt die große Freundlichkeit, mit der der Staatsgast empfangen wurde. Foto: dpa

Deutsche Transallmaschinen warfen 1984 bisweilen HilfsgüterBisweilen im extremen Tiefflug von vier oder fünf Metern ab. Die Menschen in Äthiopien und im Sudan liten unter den Folgen einer extremen Dürre. Nicht nur Sudanesen, sondern vor allem auch Flüchtlinge aus Äthiopien und Somalia wurden damals versorgt. Transportflüge führten von Khartum aus über 1000 Kilometer nach Junaynah, Al Fashir, Niyama und Alubayyid. Dort übernahmen Kamelkarawanen wurde den Weitertransport der Hilfe. Bis Ende 1985 wurde in 5000 Flugstunden mit 20 000 Tonnen geholfen.
1998 war die Deutsche Luftwaffe zum zweiten Mal im Hilfseinsatz im Sudan. Die zweimonatige »Operation Lifeline Sudan« wurde mit 50 Soldaten und zwei C-160 Transall unterstützt.
Seit Mittwoch dieser Woche nun unterstützen 200 deutsche Soldaten mit drei C-160 Transall die Truppen der Afrikanischen Union. Afrika soll sich selber helfen. Die Europäer übernehmen nur Hilfsdienste, sind im besten Sinne »Sherpas«. 3000 AU-Soldaten wollen in der vom Bürgerkrieg geschüttelten Provinz Darfur den Frieden erzwingen.
Die Lage ist hoch gefährlich. Zum Wochenbeginn kamen zwei Mitglieder einer britischen Hilfsorganisation ums Leben. Einer Million Flüchtlinge droht ohne Militärintervention und humanitäre Hilfe der Tod.
Militär allein genüge nicht, unterstrich Ingeborg Schäuble, die Vorsitzende der Deutschen Welthungerhilfe, im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. »Hunger und Armut sind der Nährboden für die meisten Konflikte in Afrika«, sagte sie.
Wegen neu aufgeflammter Kämpfe zwischen Rebellen und regierungstreuen Kämpfern hatte die Organisation vorübergehend ihre Mitarbeiter aus der Stadt Kutum in Nord-Darfur abgezogen. Inzwischen ist die Verteilung von Lebensmitteln wieder aufgenommen worden. Die Welthungerhilfe hat allein im November 130 000 Menschen mit 2250 Tonnen Nahrungsmitteln versorgt.
Bundespräsident Horst Köhler hat auf seiner zehntägigen Afrikareise in den vergangenen zwei Wochen die Krisenregion umrundet, für einen Staatsbesuch war die Lage zu brisant. Außerdem soll die in den Konflikt verstrickte Führung des Sudans nicht unnötig aufgewertet werden.
Trotz der gewahrten Distanz hat Köhler die Entwicklung genau verfolgt. Bei einer Rede vor der Afrikanischen Union in Addis Abbeba kritisierte er ganz offen die Missstände in vielen afrikanischen Staaten. Vor allem prangerte er die Profiteure der Konflikte an.
Als Mittel zur Konfliktvermeidung forderte er einen Verhaltenscodex für Unternehmen und klare Regeln für die Intervention in Krisengebieten. Er verurteilte jene Unternehmen, die von Kriegen profitieren. Der Zugang zu Rohstoffen sei häufig die Ursache für die Konflikte. Der Reichtum an Diamanten, Öl, Coltan oder die rücksichtslose Nutzung wertvoller Tropenhölzern »hat sich in vielen Fällen nicht als Segen, sondern als Fluch erwiesen.«
Von den Afrikanern verlangte Köhler, die Bedingungen für Investitionen in ihren Ländern zu schaffen. Ohne willige Abnehmer gebe es keinen Markt. Mit Hilfe der Vereinten Nationen sei zu klären, »in welchen Fällen ein Eingreifen politisch notwendig und legitim ist«. Er begrüßte das Eingreifen der AU in der Krisenregion Sudan. »In Darfur kommt der Einsatz aber leider relativ spät. Vertreibungen, Vergewaltigungen und Morde können dadurch nicht ungeschehen gemacht werden.«
l Die »Aktion WESTFALEN-BLATT für Afrika« unterstützt die Deutsche Welthungerhilfe bei der Soforthilfe für Darfur. Wenn Sie eine besondere Spende haben oder auf originelle Art helfen wollen, lassen Sie es uns wissen. Wir berichten gerne über guten Taten unserer Leser.
Telefon 05 21 58 52 38 oderafrika@westfalen-Blatt.de

Artikel vom 18.12.2004