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Anspruch auf Schadenersatz

Rot-Grün einigt sich auf Antidiskriminierungsgesetz

Berlin (Reuters). SPD und Grüne haben den Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes vorgelegt, das bei erwiesener Benachteiligung im Beruf oder Wirtschaftsleben etwa auf Grund des Geschlechts Anspruch auf Schadenersatz ermöglicht.
Nach dem gestern vorgelegten Entwurf dürfen Arbeitgeber, aber auch Betreiber von Gaststätten, Wohnungsvermieter oder Versicherungen Beschäftigte und Kunden nicht diskriminieren. Dadurch soll eine Benachteiligung auf Grund von ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Identität oder Geschlecht verhindert werden. Damit würden Richtlinien der Europäischen Union (EU) umgesetzt. Durch eine Verankerung dieser Benachteiligungs-Merkmale auch im Zivilrecht geht die Koalition aber über EU-Vorgaben hinaus.
»Senioren- und Kinderteller können weiter angeboten werden«, sagte der SPD-Politiker Olaf Scholz. Sachlich begründete Unterscheidungen seien weiter möglich. Ein Hotel, das generell Behinderte ausschließe, werde aber Schwierigkeiten bekommen. Nach Worten des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Volker Beck, ist für das Gesetz die Zustimmung des von der Union dominierten Bundesrats nicht erforderlich.
Strafrechtliche Sanktionen sieht das Gesetz nicht vor, sondern nur Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche. Ein zentraler Punkt ist die Verschiebung der Beweislast. Es gebe jedoch keine Beweislastumkehr, sagte Beck. Ein Einzelner müsse Tatsachen glaubhaft vorbringen, die eine Diskriminierung belegten. Wenn der Beschuldigte rechtfertigende Gründe geltend machen könne, sei die Sache erledigt.
Für die Wirtschaft kann das Gesetz weit reichende Auswirkungen haben. Versicherungen müssen ihren Verträgen und Tarifkalkulationen nach Worten Becks »rationale Überlegungen« zu Grunde legen.
Auch Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Tätigkeit könnten stärker angreifbar sein. Dies gelte vor allem bei Neueinstellungen, wenn der Unterschied einen »anschreie«, sagte Scholz. Ein Einstellungsanspruch sei aber nicht vorgesehen.

Artikel vom 16.12.2004