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Nordlichter glitzerten so traurig-schön

Philharmoniker im Ringlokschuppen

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). So viel vorneweg: Wer die Bielefelder Philharmoniker abonniert hat, bleibt in Schwung. Nicht nur musikalisch eröffnet das städtische Orchester unter seinem Leiter Peter Kuhn dem Publikum immer wieder neue, interessante Klangräume. Auch ortsbezogen galt es jetzt für viele Konzertbesucher, sich auf neue Erfahrungsräume einzulassen.

Der Ringlokschuppen als Ausweichquartier fürs Freitagskonzert und das sich am Samstag anschließende Jugendkonzert »Musik voll fett« verfügt zwar nicht über die gewohnt gute Akustik der Oetkerhalle, macht aber im Bezug aufs Ambiente viel her. So abenteuerlich der Ort auf manchen Musikfreund gewirkt haben mag, so aufregend schön gestaltete sich die Reise in die nordischen Gefilde der Romantik.
Legenden und Landschaften dienten den Tonschöpfern als Inspirationsquelle für klangliche Visionen von unwirklicher Schönheit, von Sehnsucht und Melancholie. Und der Werkekanon ließ diesbezüglich nichts aus. Eröffnet wurde mit Jean Sibelius' »Schwan von Tuonela«, dem wohl bekanntesten Satz aus den Lemminkäinen-Tondichtungen. Wenn das Englischhorn schwermütig seinen resignativen Abgesang anstimmt, das Solo-Violoncello mit betörendem Vibrato seine Sehnsuchtsmelodie anstimmt und der Streicher-Teppich zart grundierende Melancholie aufträgt, dann kann man sich dem traurigen Reiz kaum entziehen, der hier im getragenen Pulsschlag noch eine Note schwebender Leichtigkeit dazu gewann.
Für Kurt Atterbergs wenig bekanntes »Konzert für Violoncello und Orchester« stand mit Gustav Rivinius ein Solist parat, der nicht nur eine internationale Karriere vorzuweisen hat, sondern den nahtlos ineinander gehenden Viersätzer sowohl bewegt als auch feingliedrig filigran aufzufächern versteht. Der Lamento-Animato-Ton von Rivinius geht zweifellos unter die Haut. Übergänge von lyrischer Grundstimmung zu immer wieder kurz aufwallenden Erregungszuständen meistern Orchester und Solist kongenial im spannungsvollen, pulsierenden Spiel.
Naturstimmungen verwendete Hugo Emil Alfvén in seiner 4. Sinfonie als Symbole für menschliche Gefühlserregungen. Und sowohl Orchester als auch Gesangssolisten (Melanie Kreuter, Clemens Löschmann) erreichten im schwärmerisch-schwelgerischen wie auch stürmisch aufbegehrenden Teil eine emotionale Tiefenwirkung.

Artikel vom 13.12.2004