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Am Sonntag will Herr
Wiebe mit uns radeln gehn

»Teuto ohne Auto«: Strecke nach Detmold gesperrt

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Manche Menschen fahren gerne Fahrrad. Andere hassen Auspuffgase. Viele Helfer müssen Straßen für motorisierte Vehikel sperren, damit einige radfahren können. Das Ganze nennt sich »Teuto ohne Auto« - manche schimpfen es »Parteiklüngel«.

Detmolder Straße ab Siekerkreuzung stadtauswärts: gesperrt. Die L945 über Pivitsheide: dicht. Eine Einfallstraße bis zum Kaiser-Wilhelm-Platz in Detmold: geschlossen. Einen schönen Sonntag lang. Denn am 19. Juni 2005 möchten Regierungspräsident Andreas Wiebe und angeblich 20 000 Auspuffgasgegner vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zwischen Bielefeld und Detmold ungestört radeln und skaten.
Das Mammutprojekt über 30 Kilometer will perfekt geplant sein. Die professionelle, seriöse Organisation des »run&roll day« auf dem acht Kilometer langen Ostwestfalendamm währte anderthalb Jahre, für »Teuto ohne Auto« hat man noch gut fünf Monate. Also: Wer opfert sich? Als die Bielefelder Verkehrsexperten erstmals von dem Vorhaben hörten, winkten sie entsetzt ab. Das war vor der Kommunalwahl. Jetzt aber ist nach der Wahl: »Bielefeld ist formal am Projekt beteiligt«, lautet die - überaus lustlose - Mitteilung aus dem Rathaus. Mit Nachdruck wird betont: »Keinesfalls sind wir Veranstalter!«
Schon klar: Veranstalter sind Bezirksregierung und BUND. »Die müssen das auch bezahlen!«, schallt's aus dem Rathaus. In der finanziell gebeutelten Stadt fragt man sich, wie sich »Teuto ohne Auto« und Haushaltssicherungskonzept vereinbaren lassen. Pikant: Projekt-Chef Wiebe muss gemäß Nothaushaltsrecht schärfstens überwachen, wofür die Stadt ihr Geld ausgibt. Ein Kritiker: »Das Projekt ist parteipolitischer Klüngel. Da wird im kleinen Kreis verabredet, Geld zu verpulvern, um Wähler zu umschmeicheln.«
Wer wirbt bei den Anwohnern, deren Straßen abgebunden werden, um Verständnis? Wer stellt die Helfer? Wenn Bielefeld aus dem Schneider ist, können diese Herkulesaufgabe doch nur Privatfirmen oder Ehrenamtliche übernehmen - wer aber akquiriert Sponsoren, wer wacht an der Absperrbake?
Weder als Sponsor noch als Organisator steht die Bielefeld Marketing nach Angaben ihres Chefs Hans-Rudolf Holtkamp zur Verfügung. Sonstige Geldgeber: bisher Fehlanzeige. Allein für Absperrung und Ausschilderung auf Bielefelder Gebiet schätzen Experten die Kosten auf bis zu 100 000 Euro.
Das Planungstempo variiert - je nachdem, ob man bei »Teuto ohne Auto« mitmachen will oder muss. Im Verkehrsamt Bielefeld hat es gerade ein erstes, unverbindliches Treffen gegeben; von der vorgeschriebenen Anhörung, bei der Polizei, Feuerwehr und Verkehrsbetriebe ihr Konzept vorlegen, ist man hier noch weit entfernt. Ein Skeptiker: »1001 Fragen, null Antworten.«
In der Bezirksregierung dagegen laufen - laut Pressemitteilung - »die Planungen auf Hochtouren«. Was nicht heißt, dass man bereits Sponsoren gewonnen hätte oder auch nur den genauen Streckenverlauf nennen könnte. Aber man hat sich schon darauf geeinigt, wie schön es werden wird mit all den Wellness-Stationen und Bratwurstbuden an der Piste.

Artikel vom 09.12.2004