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Rücktritt als letzte Chance

Frauenhandball: TuS 97 und Senne im Abstiegskampf

Von Thomas Bertz
Bielefeld (WB). Die Wunschzettel von Abstiegskandidaten sehen jedes Jahr ähnlich aus: möglichst viele Punkte und der Nichtabstieg. Die Landesliga-Handballerinnen des TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck können ihren Zettel noch um den frommen Wunsch nach einem neuen Trainer ergänzen. Ihr bisheriger Coach Peter Boll ist zurückgetreten (wir berichteten).

Mit diesem konsequenten Schritt will der Übungsleiter einen Reizpunkt setzen, das Team vor dem zweiten Abstieg in Folge bewahren. »Ich hatte das Gefühl, dass ich die Mannschaft nicht mehr erreiche«, hatte Boll schon nach der Heimklatsche gegen Nordhemmern dem WESTFALEN-BLATT gesagt und seine Demission zwischen den Zeilen bereits angekündigt. In einer »Krisensitzung« am Montag teilte er der Mannschaft seinen Entschluss mit. »Es ist mir noch nie so schwer gefallen, einen Verein zu verlassen«, macht auch Boll der Abschied traurig. Aber: »Unsere sportliche Zielsetzung erfordert diesen Schritt«, verdeutlicht Boll und glaubt, dass sich nach drei Jahren Trainertätigkeit gewisse Routine eingeschlichen hat. »Bei einem neuen Trainer muss sich jede Spielerin neu beweisen«, hofft er auf eine entsprechende Reaktion und auf einen Trainer von außerhalb. Die Mannschaft selbst, die Boll erst zum Weitermachen überreden wollte, nahm sich selbst in die Pflicht.
»Wir müssen die Entscheidung von Peter respektieren«, kommentierte TuS 97-Vereinsboss Dr. Ulf-Peter Schroeder, der Boll demnächst in anderer Funktion an seinen Klub binden will. Nun richtet der Präsident bei der Suche den Blick aufs große Ganze. »Wir müssen mit aller Macht die Lan-desliga erhalten«, fordert er, damit nicht die Struktur zusammenfällt.
Mittelfristig sei es, auch im Damenbereich ein durchlässiges System zwischen Jugend- und Seniorenbereich zu entwickeln. So soll der Verein attraktiv bleiben - auch für die starken Eigengewächse. »Aktuell haben wir noch ein kleines Loch«, gesteht Schroeder ein. Jetzt sollen hier laut seinen Aussagen »Weichen gestellt« werden. Gut möglich, dass dies der Suche nach einem neuen Coach auch mit einfließt. Ex-Trainer Peter Boll glaubt an sein Team: »Das ist eine gute Truppe, die besser ist als drei Punkte.«
Mehr Potenzial als vier Punkte sieht auch Sennes Trainer Mark Fischer in seinem Team. Dabei war der Start des Verbandsligisten so souverän: zwei Siege. Doch weitere Punkte gesellten sich nicht mehr auf die Habenseite der Südstädterinnen, die mittlerweile gehörig unter Druck stehen. »Ab jetzt zählt jeder Punkt«, sagt der Trainer, der am Selbstbewusstsein seiner Mädels arbeiten will. »Die Moral ist ungebrochen, der Kampfgeist stimmt. Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen«, war der Fischer nach der letzten Niederlage eigentlich nicht unzufrieden. Eigentlich - wenn da nicht die miserable Chancenverwertung gewesen wäre. »Jetzt muss ich den Spielerinnen im Training Erfolgserlebnisse vermitteln«, schwebt Fischer eine Idee vor, wie er seine Mannschaft wieder aufbauen will. Neben Torwurf-Training setzt der Jura-Student auf Kopf-Arbeit. »Viele Spielerinnen sind sehr selbstkritisch. Nach unserem schlechten Spiel in Hohne haben wir einen Bruch bekommen, und die Mädels haben eine Blockade«, erklärt Fischer.

Artikel vom 09.12.2004