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Lebensretter
bleibt ganz
bescheiden

Brandopfern geht es wieder besser

Von Ulrich Hohenhoff (Text und Foto)

Brackwede (WB). »Dieser Mann ist ein Held«, loben Nachbarn den 31-jährigen Türken Recep Turhahn, der am Samstagnachmittag aus einem brennenden Vierfamilienhaus an der Warsteiner Straße in Brackwede (das WESFALEN-BLATT berichtete) durch sein wagemutiges und beherztes Eingreifen dem zweijährigen Merrtal Y. das Leben rettete. Das Kind lag schlafend im Bett, eingehüllt von schweren schwarzen Qualmwolken. Ohne lange zu überlegen, schlug Recep Turhahn von außen die Fensterscheiben der Erdgeschosswohnung ein, hangelte sich an der Fensterbrüstung in die Wohnung und trug das Kind ins Freie.
Auf den Brand aufmerksam geworden war der gelernte Zerspanungsmechaniker, der in einer Nachbarstraße wohnt, durch Hilfeschreie und die aufsteigenden Qualmwolken. »Da bin ich sofort losgerannt, habe über Handy noch die Feuerwehr alarmiert«. Am Brandort spielten sich dramatische Szenen ab. Aus dem Obergeschoss hatte die türkische Familie G. ihren drei Wochen alten Säugling in eine von Nachbarn stramm aufgespannte Decke geworfen, war dann hinterher gesprungen. Alle kamen ohne Verletzungen davon, wurden von den Notärzten wegen Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Weitere Hausbewohner, darunter drei Kinder, mussten ebenfalls ins Krankenhaus. Allen geht es inzwischen wieder gut.
Eine Rauchvergiftung erlitt auch Recep Turhahn. »Ich verspürte ein wahnsinniges Brennen, wollte nur noch nach draußen, die Wohnung war total verqualmt«. Dennoch suchte der junge Mann Zimmer für Zimmer ab, ehe er das schlafende Kind in dem Bett entdeckte. Hilflose Hausbewohner und die Mutter hatten ihn zuvor darauf aufmerksam gemacht, dass das Kind noch in der Wohnung war. Über die Kellerabgangsbrüstung an der Rückseite des Hauses gelangte der 31-jährige bis zum Erdgeschossfenster, zertrümmerte die Scheiben und kletterte in die Wohnung. »Kurze Zeit darauf wäre vermutlich alles zu spät gewesen«, meint Recep Turhahn, für den sein mutiger Einsatz »doch selbstverständlich war«.
Das nach dem Brand unbewohnbare Haus gehört der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Brackwede (GBB). Die vermittelte bereits gestern der Familie G. eine neue Wohnung. Andere Hausbewohner kamen bei Freunden und Bekannten unter. »Ich hatte gerade die Wohnung renoviert, wollte in drei Wochen heiraten«, ist der 32-jährige Kurierfahrer Seher K. den Tränen nahe. Er war zum Zeitpunkt des Brandes nicht zu Haus, hat gearbeitet. »Ich habe alles verloren, muss ganz von vorn anfangen, dabei sollte es eine schöne große Hochzeit werden«. Seine Braut kommt in der nächsten Woche aus der Türkei.
Brandermittler der Kripo untersuchten gestern die Brandstelle. Kriminalhauptkommissar Olaf Rösner konnte noch nichts über die mögliche Brandursache sagen. »Wir müssen erst weitere Untersuchungen anstellen«.

Artikel vom 07.12.2004