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Die Schleiereule


Sie ist ein erfolgreicher Jäger, vornehmlich von Mäusen. Und damit besteht eine Abhängigkeit zwischen dem Bruterfolg der Schleiereule und dem aktuellen Feldmaus-Bestand. In einem guten Mäusejahr kann es vorkommen, dass das Weibchen schon auf einem neuen Gelege sitzt, derweil das Männchen die Jungen im anderen Nest noch füttert. Der Ornithologe bezeichnet dies als »Schachtelbrüten«. In einem Jahr mit wenig Feldmäusen kann es passieren, dass Schleiereulen gar nicht brüten, dass die meisten Jungen im Nest verhungern, beziehungsweise schwächere Junge von den älteren Geschwistern aufgefressen werden.
Auch hierbei ist von einer interessanten Anpassung der Eulenart zu berichten: Das Weibchen legt die Eier im Abstand von ein bis zwei Tagen, beginnt aber bereits mit dem ersten Ei zu brüten. So schlüpfen die Jungen nacheinander, sind unterschiedlich alt und damit auch unterschiedlich groß. Herrscht Nahrungsmangel, bekommen lediglich die ältesten Jungen oder in extrem schlechten Mäusejahren auch nur das Älteste Futter.
Der Bestand an Schleiereulen ist immer wieder von starken Einbrüchen bedroht. Wenn in schneereichen Wintern die Feldmäuse unter der Schneedecke weder zu sehen noch zu hören sind, müssen viele Eulen verhungern. Früher gab es vielerorts noch eine Alternative für den Vogel: die Jagd in bäuerlichen Scheunen. Das Schließen von Einflugsmöglichkeiten hatte verheerende Auswirkungen auf den Bestand in Westfalen. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Schleiereule vor dem Aussterben. Die Initiative von Biologen, bei Hofbesitzern für die fliegenden Jäger zu werben, und das Anbringen von Nistkästen haben diese Entwicklung gestoppt.
Ihren Namen hat die Schleiereule von einem Kranz kurzer, harter Federn bekommen, der das Gesicht umrahmt. Dieser »Schleier« soll das räumliche Hören verbessern. Häufig hebt sich das Gesicht mit hellerer Zeichnung herzförmig vom restlichen Gefieder ab, das zwischen hell- und mittelbraun mit schwarzen Tropfen spielt. Weil das Gefieder der Schwingen sehr weich ist, gleiten die eleganten Vögel lautlos durch die Nacht - die Schleiereule beginnt ihre Jagd erst bei Dunkelheit. Ihr ausgezeichnetes Gehör weist ihr den Weg, auch wenn sie selbst im schwachen Mondlicht noch ausgezeichnet sehen kann.

WESTFALEN-BLATT und Naturschutzbund (NABU) Bielefeld stellen in dieser Serie Vögel vor, die in Ostwestfalen ständig oder vorübergehend leben. Biologe Dr. Wolfgang Beisenherz und Redakteurin Elke Wemhöner porträtieren in der nächsten Folge am Donnerstag den
Buntspecht

Artikel vom 07.12.2004