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Staat als
Vaterersatz


Unterhalt aus Rathaus

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Immer mehr Väter und Mütter versuchen sich der Pflicht, für ihre Kinder aufzukommen, zu entziehen. Deshalb stieg die Zahl der Empfänger von Unterhaltsvorschuss in Nordrhein-Westfalen von 103 513 im Jahr 2000 auf 110 060 Ende 2003.

Mehr als die Hälfte des Unterhalts müssen die Städte und Gemeinden aufbringen. Das Land übernimmt nur noch 46 Prozent der Kosten. In Gütersloh stiegen die Gesamtausgaben für Unterhaltsvorschuss von 902 000 Euro im Jahr 2002 auf 983 000 Euro im Folgejahr. 2004 muss die Stadt voraussichtlich 1,04 Millionen Euro bereitstellen. Unterhaltsvorschuss wird maximal sechs Jahre lang bis zum 12. Geburtstag des Kindes gezahlt. Im Alter bis sechs Jahre erhält ein Junge oder Mädchen in Westdeutschland 122 Euro im Monat. Ältere Kinder bekommen 164 Euro. Die Stadt Bielefeld zahlt in 2341 Fällen Unterhaltsvorschuss; die Ausgaben steigen gegenüber 2003 um 500 000 auf knapp 3,8 Millionen Euro.
Weil die 359 Städte und Gemeinden im Land bereits finanziell angeschlagen sind, treffen sie die Mehrausgaben empfindlich. Der Hauptgeschäftsführer des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Bernd Jürgen Schneider, sagte gestern dieser Zeitung: »Unterhaltsvorschuss ist ein zunehmendes Problem, weil das Land einen immer größeren Anteil an die Kommunen abgeschoben hat.« Auch Mütter entziehen sich der Pflicht, Unterhalt zu zahlen. Die Geschäftsführerin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter NRW, Edith Weiser: »Die Zahlungsmoral hat nichts mit männlich oder weiblich zu tun, sondern mit dem Verantwortungsgefühl.«

Artikel vom 02.12.2004