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Die Familie wird ein gutes Team

Neues Anti-Gewalt-Projekt soll die Kommunikation verbessern helfen


Stieghorst (WB). »Spring«, ruft die junge Mutter ihrem Sohn zu, »es passiert nichts!« Trotz verbundener Augen zögert der Achtjährige nicht lange. Nach einem Satz vom hohen Sprungkasten landet er sicher auf einer Weichbodenmatte - und lacht. Das Vertrauen in die Mutter ist belohnt worden; die Kommunikation zwischen den beiden geglückt.
Keine Selbstverständlichkeit, weiß Marlies Fischer, Leiterin der Spielwohnung am Lipper Hellweg des Ev. Gemeindedienstes »Die Verständigung zwischen Eltern und Kind wird immer öfter zum Problem. Denn in vielen sozial benachteiligten Familien sind fehlende Perspektiven, beispielsweise aufgrund von Arbeitslosigkeit, der Auslöser für Angst. Diese äußert sich in Aggressionen sowie der Auflösung von sozialen Werten«, so die Johanneswerk-Mitarbeiterin. »Mit unserem neuen Anti-Gewalt-Projekt für Eltern und Kinder wollen wir Deeskalation und Selbstbehauptung trainieren und den Teilnehmern Kommunikationsformen an die Hand geben, die solchen Szenarien vorbeugen und diese verhindern«.
Jeden Freitagnachmittag treffen sich die Teilnehmer in der Turnhalle der Bonifatiusschule. Trainer Heinz Kirchner arbeitet mit einem Programm namens Kijo, das Elemente der Erlebnispädagogik und Selbstverteidigung kombiniert. »Nach ersten Wahrnehmungsübungen folgen Rollenspiele, bei denen Konflikte innerhalb der Familien herausgearbeitet und neue Reaktionsmöglichkeiten gefunden werden sollen«, so Kirchner.
Wichtig ist es, dass die Kinder ihre Eltern mitbringen. Denn nur gemeinsam können Lösungsmöglichkeiten für Konflikte erarbeitet werden. Nur so können diese dann auch zu Hause im Alltag umgesetzt werden. »Für viele Kinder ist der Kurs überhaupt eine der wenigen Möglichkeiten zusammen mit ihren Eltern etwas zu erleben«, so Fischer. Für viele sei Familienleben ansonsten eher gleichbedeutend mit Dingen wie Fernsehgucken, gemeinsame Beschäftigungen stünden nicht auf der Tagesordnung.
Auch in ihrem weiteren Umfeld können die Kinder ihr neu erlerntes Selbstbewusstsein jederzeit einsetzen. Je früher sie gelernt haben, zu Gewalt nein zu sagen, desto besser können sie auch in der Freizeit mit Konflikten umgehen und sich dem Gruppendruck unter Kindern und Jugendlichen entziehen. »Habt ihr euch sicher gefühlt?«, fragt Trainer Kirchner die Sieben- bis Vierzehnjährigen am Ende der Übung. »Ja!«, schreien die Kinder und Jugendlichen. Ein kleiner Beweis, dass die Eltern die Kinder sicher durchs Leben führen können und die Familie ein gutes Team werden kann.

Artikel vom 25.11.2004