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Kraftvolle Deutungen vom Publikum geliebt

Zweites Saisonkonzert der Reihe »Wiener Klassik«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wiener Klassik die Zweite: Laden Heribert Beissel und sein aus jungen, talentierten Nachwuchsmusikern bestehendes Orchester zum beschwingten Reigen der Klassik-Highlights ein, stellen sich die Fans wie von selbst ein. Auch beim zweiten Saisonkonzert in der Oetkerhalle konnte sich die Klassische Philharmonie Bonn über Besuchermangel nicht beklagen.

Offensichtlich liebt man nicht nur die Werke, sondern auch den glattgeschliffenen Sound des ehemals Chur Cölnischen Orchesters, das in vitaler Stimmbeweglichkeit mit Carl Maria von Webers Ouvertüre zu »Euryanthe« eröffnete, im Mittelteil aber auch mit geigendurchlichtetem lyrischen Schmelz aufzuwarten verstand.
Die Klavierkonzerte von Fréderic Chopin - hier das erste in e-Moll -Ê stellen stets eine Gratwanderung dar. Zu träumerisch genommen gleiten sie schnell in sentimentalen Allerweltschmerz ab. Bei zu kraftvollem Gestus wird daraus zwar ein wirkungsvolles Virtuosenstück, aber eben auch nicht mehr.
Ana-Marija Markovina freilich kennt die Tücken und greift beherzt in die Tastatur. Mit kraftvollen Akkordkaskaden weiß die Pianistin sich und ihre manuellen Fähigkeiten effektvoll in Szene zu setzen. Virtuose Brillanz gerät da schnell zum Selbstzweck. Auf der anderen Seite lässt sie in den melodischen Ausbreitungen einen bemerkenswerten Willen zu einer weit gefassten agogischen Gestaltung erkennen.
Ansonsten fließt ihr Klaviersatz mit energischem Vorwärtsdrang dahin -Êganz d'accordÊin der kraftvoll dynamischen Ausformung des Orchesters. Insgesamt entstand der Eindruck einer sehr »geerdeten« Werkwiedergabe, die von klavieristischer Brillanz geprägt war. Dass sie ganz und gar Virtuosin ist und sich auf der Konzertbühne sichtlich wohl fühlt, unterstrich die Markovina in zwei stürmisch herbeiapplaudierten Zugaben (Liszt und Scarlatti) noch einmal.
Verwundern lässt der Beethoven. Nahm im ersten Saisonkonzert dessen Fünfte so schön nuanciert und intelligent durchdacht für sich ein, wollte sich bei der 2. Sinfonie dieser Eindruck nicht wieder einstellen. Zwar ist die Präzisionskraft des Orchesters unbestritten, gleichwohl konnte Beissels plakative, klassisch-konventionelle Deutung nicht so recht überzeugen. Bei Kontrastschärfe und pastosem Auftrag in Farbe und Dynamik kamen die innovativen Wendungen hin zu subtiler Leichtigkeit einfach zu kurz. Möglicherweise eine Frage des Geschmacks -Êder Saal indes tobte.

Artikel vom 25.11.2004