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Brillante und hochemotionale Klangästhetik

Von Mozart bis Debussy: Pianist Stephan Imorde gastiert im Verler Heimathaus

Verl (WB). Werke von Mozart, Chopin, Bartók und Debussy standen am Sonntagabend auf dem kontrastreichen Programm, das Stephan Imorde auf Einladung des Heimatvereins im Heimathaus präsentierte. Mit viel Beifall dankten die Besucher des Fachwerkkonzerts dem renommierten Pianisten für seinen brillanten Vortrag.

Nicht nur durch seine vielfältige Konzerttätigkeit, die Stephan Imorde bereits auf Tourneen durch alle Kontinente geführt hat, sondern auch durch CD-Einspielungen und Fernsehaufnahmen sowie Dozenturen an der Musikakademie in Kassel und der Hochschule für Musik und Theater in Rostock hat sich der 39-Jährige einen Namen gemacht. Warum ihn Klassikfans in aller Welt verehren, stellte der Pianist während seines Gastspiels in Verl gekonnt unter Beweis.
Virtuos-routiniert brachte der Interpret zunächst Mozarts Sonate c-moll, KV 457, zu Gehör. Bisweilen recht energiegeladen-impulsiv kroch er dabei geradezu in die Tasten des Konzertflügels hinein, um die transparente Harmonik der Komposition mit dem ganzen Körper zu erfühlen und nach außen zu tragen.
Seine reichhaltige Gestik und Mimik dem musikalischen Ausdruck angepasst, war es dabei für die Zuhörer gleichermaßen faszinierend, dem Künstler zuzuhören und zuzuschauen, wenn er rasante Kadenzen und halsbrecherische Läufe ganz zielsicher meisterte.
Hochemotionales Herzflimmern servierte Stephan Imorde mit Chopins Nocturne H-Dur, op. 9 Nr. 3, bevor er anhand einer Bartók-Sonate die raue Klangästhetik des frühen 20. Jahrhunderts demonstrierte. Komplexe zusammengesetzte Rhythmen und dissonant-verquere Klänge prägten die musikalische Antwort des ungarischen Komponisten auf die erdrückende Geräuschkulisse der beginnenden industriellen Revolution. Beachtlich an der Interpretation des Pianisten: aus dem tosenden Fortissimo gelang es ihm stets, die Lautstärke weiter zu steigern - eine kräftezehrende, souveräne Konditionsleistung.
Debussys Préludes Livre I, ein zwölfteiliger Klavier-Zyklus, prägte die zweite Konzerthälfte. Nicht zur kompletten Ausdeutung der musikalischen Kostbarkeiten, sondern um den Zuhörern Denkanstöße für die Interpretation zu geben, waren die Kompositionen mit Texten des berühmten Klavierpädagogen Alfred Cortot unterlegt, der eine Ausdeutung des Werkes versucht hatte.
Bevor der zweistündige Hörgenuss unter langanhaltendem Beifall zu Ende ging, standen schließlich noch zwei Zugaben von George Gershwin auf dem Programm.Malte Samtenschnieder

Artikel vom 24.11.2004