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Schloss-Akten machen alte Zeiten bunter

Adelsarchiv aus Tatenhausen wird in Münster aufbereitet - Regionale Geschichte im Detail

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle (WB). Ein historischer Schatz aus Tatenhausen wird in Münster gehoben. 650 Urkunden, überwiegend auf Pergament, und gut 1000 Kartons Akten seit dem 15. Jahrhundert - die Historiker beim Westfälischen Archivamt arbeiten seit 1996 daran, dies bisher nur private Stück Adelsgeschichte mit interessanten Details in die offizielle Geschichtsschreibung einzufügen.

Als Benedikt Teuffel von Birkensee das Schloss übernahm, lagerte der gesamte Bestand an Dokumenten, die bis ins Jahr 1353 zurückgehen, in einem ehemaligen Pferdestall. Den hatte sein Onkel, Graf Max von Korff-Schmising, zwar bereits mit einem neuen Ziegelboden versehen. Doch dem neuen Herrn auf Tatenhausen war klar: Die wertvollen Schriftstücke sind derzeit auf dem Wasserschloss nicht gut aufgehoben.
Er schaltete die 1923 gegründete »Vereinigten Westfälischen Adelsarchive« ein, einen Verein, der Urkunden und Akten treuhänderisch verwaltet, ordnet, verzeichnet und in Abstimmung mit dem Eigentümer die Benutzung erlaubt. Wichtig für den Schlossherrn: Die Zusammenarbeit ist freiwillig. Der große Bestand aus Tatenhausen ist nicht auf alle Zeiten aus dem Schloss verschwunden, wo es hin gehört. Baron von Teuffel kann sein Archiv jederzeit zurück haben.
»Die Akten waren unzureichend gesichert. Teile waren in feuchten Räumen schon angeschimmelt«, sieht Landesoberarchivrat Dr. Wolfgang Bockhorst durchaus Arbeit für die Restaurierungwerkstatt des Westfälischen Archivamtes. Liegt ein »Fluch der Ritter« auf vermoderten Akten? Jedenfalls gibt es in einigen Dokumenten »hochgefährliche, wirklich gesundheitsschädliche Pilze«.
Die Geschichte des Wasserschlosses und seiner Bewohner ist eng verknüpft mit anderen Gütern in der Grafschaft Ravensberg, aber auch mit adeligen Besitzungen im Kreis Cloppenburg wie dem Gut Duderstadt, und mit Häusern im Münsterland wie dem Haus Lette bei Coesfeld. Dr. Bockhorst: »Zahlreiche Mitglieder der katholischen Familie sind auch ins Domkapitel gegangen - früher eine Versorgung der jüngeren Söhne. Sie haben die Verbindungen nach Tatenhausen gehalten«. Der Fachmann vom Archivamt weiß beispielsweise von einem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lebenden Obermarschall am Hof in Münster zu berichten, der Aufzeichnungen aus dem fürstlichen Haushalt und sogar aus der Küche hinterließ. Es gibt Material über den Bau des Schlosses und des Theaters in Münster.
»Private Archive zeigen das Leben bunter«, sagte Dr. Bockhorst. Statt rein offizieller staatlicher Überlieferung sei in den Nachlässen für den Forscher erkennbar, wie die Verhandlungen gelaufen seien, welchen Weg man bis zur Lösung der Probleme gegangen sei.
Bis jetzt sind die Urkunden und knapp 3000 Akten verzeichnet. Zugute kam den Historikern dabei, dass bis 1830 »eine beachtliche Latte von 20 handgeschriebenen Findbüchern« angelegt worden ist. Erst im 19. Jahrhundert sind die archivierten Dinge in Tatenhausen durcheinander geraten. Ein Archiv des gutes Keuschenberg im westfälichen Münsterland ist beim Ordnen schon zustande gekommen. Jetzt basteln zwei Referendare an einem für das Gut Steinhausen bei Halle.

Artikel vom 24.11.2004