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Mahnbrief
an den Kreis

Streit um Autoschilderschmieden

Von Stephan Rechlin
Altkreis Halle (WB). Dem Kreis Gütersloh ist eine Mahnung ins Haus geflattert. Sollte er, wie beabsichtigt, die zum 1. Dezember frei werdende Schilderstelle am Verkehrsamt nicht bundesweit ausschreiben, droht dem Kreis eine Klage.

Absender der Mahnung ist die Kroschke AG, die an der Herzebrocker Straße ebenfalls eine Schilderwerkstatt unterhält. Deren Mitarbeiter haben eine frustrierende Beobachtung gemacht: Obwohl sie die Kennzeichen-Sätze für Autos und Motorräder um teilweise bis zu zehn Euro günstiger anbieten, laufen die Kunden überwiegend zu den beiden Werkstätten, die im Kreishaus untergebracht sind. Dort werden jährlich sechsstellige Summen umgesetzt.
Eine dieser beiden Werkstätten wird nun frei. Der Mietvertrag der Firma Holtfreter aus Rheda-Wiedenbrück wird nicht verlängert. Statt dessen soll die Werkstatt für Behinderte (WfB), die bereits die andere Werkstatt betreibt, die frei werdende Kennzeichen-Schmiede ebenfalls übernehmen. An der WfB ist der Kreis Gütersloh zu 74 Prozent beteiligt. Vom Umsatz der Schilderwerkstatt profitiert der Kreis zu 25 Prozent.
In dem Mahnschreiben fordert die Kroschke AG, mit 350 »Service-Points« einer der Marktführer in Deutschland, den Kreis auf, die Besetzung der frei werdenden Werkstatt bundesweit auszuschreiben. Die in der Mahnung angedrohte Klage hat Erfolgsaussichten. Schon einmal musste der Kreis Gütersloh nach einer erfolgreichen Klage seine Ausschreibung korrigieren. Die Firma J.H. Tönnjes GmbH aus Delmenhorst bei Bremen hatte durchgesetzt, dass der Kreis nicht nur regionale Unternehmen bei der Besetzung der Schilderstellen zulassen darf. »Darüber hinaus liegt uns eine schriftliche Zusage des Kreises vor, die frei werdende Werkstatt nach Ablauf der Mietspanne bundesweit auszuschreiben«, sagt Tönnjes-Geschäftsführer Kemena.
»Solch eine Zusage kenne ich nicht«, weist Kreiskämmerer Ingo Kleinebekel diese Behauptung zurück. Vermutlich handele es sich dabei um die subjektive Interpretation eines Schriftwechsels. Der Verzicht auf eine Ausschreibung sei rechtens, weil eine gemeinnützige Organisation den Zuschlag erhalte. Zum anderen würde die Integration behinderter Menschen ins Berufsleben gefördert.
»Das würde ich auch gerne tun, wenn man mir die Chance gäbe«, sagt Knut Nolte aus dem Verwaltungsvorstand der Kroschke AG. Hinter der Integration behinderter Menschen stehe nur wieder ein anderes, lukratives Geschäft - das der Blechzulieferung zur Schilder-Fertigung.

Artikel vom 24.11.2004