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Demokratie bereits am Küchentisch erleben

80 Jahre Jugendamt: Kinderrechte fest verankert

Gütersloh (mdel). Für Dr. Jörg Maywald hat sich mit Blick auf die Kinderrechte bereits viel verändert. Nach Einschätzung des Geschäftsführers der Deutschen Liga für das Kind regieren in den Familien nicht mehr die Befehle. Eltern sind verhandlungsbereiter und offener geworden.
Gemeinsam mit Dr. Ute Ziegenhain von der Uniklinik Ulm referierte der Experte gestern Nachmittag zum Thema »Demokratie am Küchentisch« in der Stadthalle. Anlass war das 80-jährige Bestehen des Gütersloher Jugendamtes.
Dass sich die Fachtagung mit den Rechten der Kinder auseinandersetzte, hat einen guten Grund. Die Jugendämter in Deutschland waren vor rund 80 Jahren mit dem Ziel gegründet worden, das »Recht des Kindes auf Erziehung« von staatlicher Seite zu garantieren. »Heute setzt sich immer mehr durch, Kinder und Jugendliche in allen Bereichen als Subjekte und Träger eigener Rechte anzusehen und Elternrecht ausschließlich als Elternverantwortung anzusehen«, erklärt Maywald. Seiner Auffassung nach ist es Aufgabe des Jugendamts und der Politik, die Kinderrechte bei Kindern, Jugendlichen, Eltern und Pädagogen bekannt zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass Kinder tatsächlich zu ihrem Recht kommen. »Damit geht einher, dass Kinder lernen, die Rechte anderer zu respektieren und die Bedeutung menschlicher Werte als Grundlage einer demokratisch verfassten Gesellschaft anzuerkennen«, sagt der Sprecher der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Für Maywald setzt sich ein an den Kinderrechten orientierter Ansatz in Jugendhilfe und Kommunalpolitik dafür ein, die Kinderrechte in die Kindertagesstätten und Schulen zu tragen, eine kinderrechtliche Beratung und Hilfe einzurichten, die Beteiligung von Kindern an den sie betreffenden Entscheidungen in der Gemeindeordnung zu verankern und Ombudspersonen zu benennen. Diese sollten Vorschläge und Beschwerden von Kindern und Jugendlichen entgegennehmen und Verbesserungen in die Wege leiten. Für Maywald gibt es hier noch einiges zu tun in Deutschland.
Dr. Ute Ziegenhain ging auf die Bedeutung der frühen Kindheit ein. Wichtig seien für den Nachwuchs sichere Bindungen. Sie entstehen aus dem feinfühligen elterlichen Umgang mit dem Kind und gelten als wichtige Vorläufer späterer flexibler und kompetenter Bewältigungsstrategien und positiver Selbstentwicklung. »Diese Kompetenzen dürften dazu beitragen, mit schwierigen Lebensumständen zurechtzukommen«, erklärt Dr. Ute Ziegenhain, die sich bei der Erziehung für »Freiheit in Grenzen« ausspricht.

Artikel vom 24.11.2004