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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (Folge 91):Auch in Zukunft wohl fühlen


Das wünschte Ehrenbürger und Altbürgermeister Wilhelm Lüke am Montag einer großen Gratulantenschar anlässlich seines 70. Geburtstages im Rathaus: »Setzen wir unsere Kraft weiter ein für unsere liebens- und lebenswerte Stadt Paderborn, damit wir uns selbst und unsere Kinder und Enkel sich in Zukunft wohl fühlen«.
Gewürdigt wurden Lükes Verdienste um Paderborn in für unsere Stadt entscheidenden positiven Jahrzehnten. Der Sonderschulrektor a. D. hatte erheblichen Anteil am stürmischen Wachsen der Stadt zwischen 1975 und 2000 als Ratsherr, Bürgermeister-Stellvertreter und Bürgermeister, als CDU-Landtagsabgeordneter, Vorsitzender der CDU-Ortsunion (ab 1971) und CDU Stadtverbandsvorsitzender (1975 - 1989). Neben vielen anderen ehrenamtlichen Einsätzen fällt eine Position aus dem Rahmen: »Lüken Willi«, wie ihn seine Anhänger rufen, war in Krisenzeiten sogar einmal Vorsitzender des Sportvereins »Mönkeloh« im Südwesten der Paderstadt.
In den Jahren vor dem 1. Januar 1975, als die kommunale Neuordnung die Kernstadt und neun Stadtteile zur Großstadt Paderborn zusammenführte, leitete Lüke in Vorbereitungsgesprächen mit allen betroffenen CDU-Ortsvereinen die Fusion ein. »Wir waren alle gleichberechtigt, haben fair diskutiert und konnten uns nach jeder Sitzung offen in die Augen schauen«, zieht er dankbar Bilanz. Lüke leitete den am 26. November 1974 gegründeten CDU-Stadtverband bis 1989 als stets ausgleichender Vorsitzender.
Im Jahre 1988 wurde er Nachfolger von Herbert Schwiete als Bürgermeister. Er forderte: »Die CDU braucht Persönlichkeiten, die glaubwürdig sind, die nicht angedötscht sind. Dazu gehört ein Lebenswandel, wie wir ihn als Christen verstehen.« Rückblick auf sein Mitwirken im Kreishaus: »Die Arbeit im Kreistag war ein Sanatorium im Vergleich zum Rat der Stadt. Hautnahe Probleme, die den Bürger betreffen, gibt es eigentlich im Kreistag nicht.«
Schließlich forderte er im gleichen Jahr seine Partei- und Ratskollegen auf: »Das Zugehen auf den Bürger muß intensiviert werden. Je mehr Freizeit der Bürger hat, desto mehr Kritik wird man an die Mandatsträger herantragen. Desto mehr Anregungen kommen, gilt es diese aufzunehmen.« Und: »Was die Zusammenarbeit der Parteien untereinander angeht, ist der Umgangston rauher geworden. Man kann sich nur noch unter vier Augen offen unterhalten.«
Die Bürgermeister-Schlüssel für Rathaus, Verwaltungsgebäude und Stadt-Tresor mit goldener Bürgermeisterkette waren für eine Nacht in meinem Besitz. Nach einem Pressetreff »zwischen den Jahren« hatten Lüke und ich im früheren Viehkeller des Adam- und Evahauses beim Nachhausegehen unsere Mäntel vertauscht. Daheim mussten vor 15 Jahren die Ehefrauen geweckt und um Einlass gebeten werden. Aber schon am anderen frühen Morgen hatte Lükes persönlicher Referent Heribert Zelder die Situation voll im Griff: Die Mäntel samt Schlüssel wurden zurückgetauscht.
Dabei erinnerte der Bürgermeister, dass schon der »Tolle Christian« im Jahr 1622 durch einen verräterischen Ratsherrn an die Schlüssel zum Paderborner Rathaus gekommen ist: »Er ließ es total ausräumen und auch die Reliquien des heiligen Liborius rauben.«
Bürgermeister Wilhelm Lüke wusste, wer seinen Mantel samt Rathausschlüssel vertauscht hatte. Er fand nämlich in meinem Mantel einen aktuellen Kontoauszug.
Georg Vockel

Artikel vom 24.11.2004