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Gesangsstimmen
wie an großen
Opernhäusern

Rossika-Chor begeistert Zuhörer

Brackwede (rs). Dank des rührigen »Forums Russische Kultur Gütersloh« unter Vorsitz von Franz Kiesl kamen die Musikfreunde in Brackwede in den Genuss eines Chorkonzerts von außergewöhnlicher künstlerischer Qualität: »Rossica«, der Kammerchor der Philharmonie St. Petersburg, hatte am Donnerstag einen Auftritt in der katholischen Herz-Jesu-Kirche.

Seit 1995 ist dieses Spitzenensemble unter der Leitung von Dr. Valentina Kopylova in wechselnder Besetzung Gast des Gütersloher Forums und überrascht immer wieder durch seine Perfektion und Disziplin, durch eine ungewöhnliche Klangkultur und ausgefeilte dynamische Differenzierung. Das alles erreicht die Chorleiterin mit nur wenigen sparsamen Handzeichen.
Das Erstaunliche: Es sind alles ausgebildete Vokalsolisten, die ein selten homogenes Klangbild erreichen. Und wenn ein Chormitglied solistisch hervortritt, ist die Verblüffung groß, denn es präsentiert sich im stimmlichen Format von Opernsängern an großen Häusern. Zu nennen sind hier Natalja Vargina, Lidia Klimenko, Janna Gukasjan und der großartige Bariton Oleg Palkin.
Die Quellen der orthodoxen Liturgie sind längst noch nicht ausgeschöpft. Zusammen mit Musikhistorikern aus St. Petersburg, Moskau und Kiew entdeckte Chorleiterin Valentina Kopylowa in Archiven interessante Manuskripte und bearbeitete die ursprünglich einstimmigen Gesänge behutsam und mit stilistischem Gespür für ihren gemischten Chor. Zum Beispiel die Gesänge aus einem Mönchskloster, die eingangs zu hören waren.
Werke hierzulande nahezu unbekannter Komponisten wie Gretschaninow, Tschenokov, Kalinnikow und Tanejew (ein Schüler Tschaikowskis) standen auf dem Programm. Schade, dass keine näheren Informationen über deren Schaffen auf dem Programmzettel nachzulesen waren.
Obwohl im ersten ausgedehnten Teil des Konzerts »nur« diese getragenen geistlichen Werke geboten wurden, stellte sich keine Ermüdung ein dank des spannungsvollen Aufbaus der Interpretationen und wechselnder Besetzung. Erfreulich auch, dass auf Pathos, das bei russischen Chören oft zu erleben ist, weitgehend verzichtet wurde zugunsten eines schlanken Klangs.
Perfekt war der totale Kontrast zum zweiten Programmteil - nicht nur optisch. Die feierlichen dunklen Anzüge und schwarz-silbernen Gewänder hatten die 14 Chormitglieder (acht Sängerinnen, sechs Sänger) mit farbenprächtigen russischen Trachten getauscht und präsentierten temperamentvoll, halbszenisch und natürlich sängerisch perfekt das Vergnügen der Dorfjugend an Winterabenden (»Posidelki«). Gerhard Zöllner vom Beirat des Forums gab kurze inhaltliche Erläuterungen zu den kleinen, teils lyrischen, teils ausgelassenen Szenen, die von den Zuhörern mit Riesenbeifall bedacht wurden.
l Wer das Konzert am Donnerstag in Brackwede verpasst hat: Am Montag, 8. November, gastiert der Chor in der Senner Kirche »Auferstehung Christi« am Feilenhauerweg. Dort beginnt das Konzert um 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet acht Euro. Jutta Albers

Artikel vom 06.11.2004