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Die Ringeltaube


Auf den Gemüsefeldern im Umland ist sie im Herbst und Winter in großen Ansammlungen zu finden: die Ringeltaube sucht dort nach Nahrung. Ornithologen haben in Bielefeld an einem milden Oktobervormittag bei ihren Beobachtungen mehr als zehntausend Tiere beim Durchzug gezählt.
Die Art wird auch als Holztaube oder Waldtaube bezeichnet - Hinweis auf die ursprünglich starke Bindung an Wälder. Andere kennen sie als »Kohltaube«, weil sie früher auf Kohlfeldern ihre Nahrung fand. Der Name Ringeltaube hängt mit der Zeichnung am Hals zusammen. Handelt es sich um ältere Tiere, verbinden sich die beiden hellen Streifen bei einigen Tauben zu einem Ring.
Die Ausweitung von Agrarflächen brachte seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen erheblichen Anstieg des Bestands in ganz Mitteleuropa mit sich. Dabei wurden auch zunehmend die Städte besiedelt. Die Nahrung fanden sie im Umland, in den Städten bauten sie ihre Nester. Diese erscheinen wenig solide, sondern eher nachlässig errichtet Häufig kann man durch den Nestboden sogar die Eier (in der Regel zwei Stück) sehen. Bis August und September versehen die Elterntiere ihr Brutgeschäft - dies ist eine Anpassung an das Nahrungsangebot auf den Getreidefeldern. Im Alter von vier Wochen verlässt der Nachwuchs das Nest und ist dann mit fünf Wochen flugfähig.
Zurück zur Brut: Die Ernährung der Jungtauben ist einzigartig im Vogelreich. Der Kropf der Ringeltaube, eine Erweiterung der Speiseröhre bei Vögeln, in dem die Nahrung eingeweicht wird, bildet ein weißes Sekret, die so genannte »Kropfmilch«, mit der die Jungtiere gefüttert werden.
Der Brutbestand in Westfalen wird auf 160 000 bis 360 000 Paare geschätzt. Die jährlichen Jagdstrecken liegen in vergleichbarer Höhe - wahrscheinlich sind viele der erlegten Tiere Zugvögel, denn die Ringeltaubenbestände gehen derzeit nicht zurück.
Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die Ringeltaube stark dem städtischen Umfeld angepasst. Häufig bleibt sie gelassen sitzen, wenn Fußgänger vorüber gehen. Bei Alfred Brehm, dem Autor des berühmten populären Nachschlagewerks, hörte sich das noch ganz anders an: »Nach den Beobachtungen meines Vaters ist die Ringeltaube ein äußerst rascher, flüchtiger und scheuer Vogel.« Und: »Sie ist vorsichtig und traut keinem Menschen, auch dem nicht, der harmlos zu sein scheint.«

WESTFALEN-BLATT und Naturschutzbund (NABU) Bielefeld stellen in dieser Serie Vögel vor, die in Ostwestfalen ständig oder vorübergehend leben. Biologe Dr. Wolfgang Beisenherz und Redakteurin Elke Wemhöner porträtieren in der nächsten Folge am Donnerstag den Graureiher

Artikel vom 09.11.2004