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Eisenschmids Traum ist geplatzt

Geldmangel zwingt zum Aufgeben des Weltrekordversuchs genau zur Halbzeit

Von Bernd Steinbacher
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Pünktlich 11 Uhr kommt Christian Eisenschmid aus dem großen Glaskasten in der umgestalteten Lagerhalle an der Tenge-Rietberg-Straße. Er hat zwar sieben Wochen mit bis zu 47 Schlangen dort gelebt, doch sein sich selbst gestecktes Ziel musste er gestern - genau zur Halbzeit - aufgeben.

»Es sind zu wenig Besucher gekommen«, sagte er im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Warum, wisse er nicht. Kinder hätten freien Eintritt gehabt und für die Erwachsenen seien die Preise moderat gewesen. Wie viele Besucher da waren, könne er nicht sagen. An den ersten Wochenenden sei Andrang gewesen, doch dann habe das Interesse schnell nachgelassen. Da konnten auch die Sonderaktion, wie der Besuch der Models, der Arminen-Fußballer und der Bauchtänzerin nicht viel helfen.
Die Enttäuschung ist ihm anzumerken, auch wenn er selbst versucht, das Positive an der Aktion zu sehen. »Ich habe festgestellt, wer wirkliche Freunde sind.« Mindestens 25 Helfer seien regelmäßig dabei gewesen.
Das Vorhaben scheiterte schließlich am Geld. Zwar hatte er Sponsoren, zum Beispiel unterstützten ihn mehrere heimische Firmen, doch das reichte letztlich nicht aus. »Die Pacht ist ziemlich hoch. Das ist so nicht durchzuhalten. Jetzt wird alles abgebaut. Aus dem Vertrag kann ich zum Glück aussteigen«, so Eisenschmid.
Doch mit dem Verlassen der Halle sind seine großen Pläne gescheitert: Er wollte einen eigenen Reptilienzoo gestalten, weiter mit Tieren handeln und eine Schlangengift-Produktion aufbauen. Das Schlangengift wird für medizinische Zwecke benötigt. Daraus wird nun nichts. »Meine Tiere nehme ich mit nach Hause. Das Geschäft wird im kleinen Rahmen weitergehen.« Wie sehr er an den Schlangen hängt, zeigte sich gleich beim Verlassen des Käfigs. Er besuchte »Georg«, eine vier bis fünf Meter lange Schlange. Sein Vater betreute sie, dann war es seine erste eigene.
Das Leben im Käfig hat ihn schon mitgenommen - Temperaturen bis 40 Grad Celsius und die vielen Schlangen. »Am Schlimmsten war der wenige Schlaf. Man muss aufpassen, dass die Konzentration nicht weg ist. Ist man unkonzentriert, wird man leichtsinnig. Und das kann sehr gefährlich sein«, beschrieb er sein Leben im Käfig. Die ersten Tage seien schwierig gewesen, da die Schlangen sehr aktiv waren. Doch dann hätten sich die Tiere an ihre Umgebung gewöhnt und er seinen Rhythmus gefunden. Später habe er allerdings zu unterschiedlichen Zeiten geschlafen. Von außen habe ja immer jemand aufgepasst. Stolz ist er, dass er die sieben Wochen mit den Tieren aushielt. »Ich weiß, wie man mit Schlangen umgehen muss«, so Eisenschmid. Doch als Geschäftsmann sei er nicht so erfolgreich gewesen. Jetzt sei er froh, seine Tochter wieder um sich zu haben, denn »sie habe ich am meisten vermisst«.
Seine Freundin Carina Goldkuhle hat ebenfalls viel Zeit und Nerven in den Weltrekordversuch gesteckt. »Ich bin froh, dass Christian nicht gebissen wurde«, sagte sie gestern. Doch sei sie vom Scheitern ebenfalls enttäuscht.
Christian Eisenschmid ist sich ziemlich sicher, dass er keinen weiteren Weltrekordversuch starten wird. Dafür seien der Aufwand und der Stress zu groß. Um abzuschalten, wollte er gestern nur noch eins: Ruhe. Mit seinem Holländischen Hirtenhund Ben wollte er wenigstens eine Stunde durch den Wald gehen. Die Begleitung durch ein Fernsehteam lehnte er dabei mehrfach ab: »Lasst mich bitte in Ruhe.«
Zur enormen Belastung für Eisenschmid wurden auch viele Anfeindungen im Internet. »Es gab Drohungen, Beschimpfungen und jemand schrieb, ich soll doch lieber in Afghanistan Minen räumen. Das wäre doch noch mehr Nervenkitzel«, erzählte der 33-Jährige.

Artikel vom 26.10.2004